Die negativen Auswirkungen eines hohen Verzehrs hochverarbeiteter Lebensmittel auf die Gesundheit sind durch zahlreiche Studien belegt. Eine klare und gut sichtbare Kennzeichnung von Lebensmitteln auch in dieser Hinsicht wäre notwendig, um das Bewusstsein für diese Risiken zu schärfen.
Ein hoher Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel bringt eine Reihe negativer Auswirkungen mit sich, die noch zu wenig im Bewusstsein der Menschen verankert sind. Eine Gewichtszunahme ist durch zahlreiche Studien belegt, unter anderem durch eine randomisierte kontrollierte Crossover-Studie, bei der gesunde Personen mit einem BMI von durchschnittlich 27±1,5 jeweils zwei Wochen nach Belieben entweder hochverarbeitete oder frisch zubereitete Lebensmittel zu sich nehmen konnten (Hall et al. 2019). Im Schnitt nahmen die 20 Teilnehmer im Alter von 31,2±1,6 Jahren in den zwei Wochen mit hochprozessierten Lebensmitteln täglich 500 kcal mehr zu sich.
Darüber hinaus wurde eine Reihe negativer Auswirkungen auf die Gesundheit berichtet. Wie aus einer aktuellen Metaanalyse hervorgeht, gehören dazu ein erhöhtes kardiometabolisches Risiko generell und ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie ein Anstieg des Risikos für zerebrovaskuläre Erkrankungen, Depressionen und eine Erhöhung der Gesamtmortalität (Pagliai et al. 2021). Eine großangelegte Kohortenstudie in Frankreich hat außerdem eine Assoziation mit Krebserkrankungen festgestellt (Fiolet et al. 2018).
Mit zunehmendem Verarbeitungsgrad der Lebensmittel kann zum Beispiel die Menge verfügbarer Vitamine und Mineralstoffe ebenso wie die Menge bioaktiver sekundärer Pflanzenstoffe abnehmen. Im Gegenzug kann die Menge kritischer Zusatzstoffe und möglicherweise auch Schadstoffe durch Verpackung oder technische Prozesse ansteigen.
Nun basieren Ernährungsempfehlungen vor allem auf dem Energie- und Nährstoffgehalt von Lebensmitteln. Der Verarbeitungsgrad wird zwar erwähnt, aber nicht systematisch erfasst. Die deutsche Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET) e.V. hat dies zum Anlass genommen, eine ergänzende Klassifikation von Lebensmitteln nach dem Verarbeitungsgrad in Erinnerung zu rufen, die 2016 von brasilianischen Wissenschaftern veröffentlicht wurde – die NOVA-Klassifikation (Monteiro et al. 2016). Sie bildet die Grundlage der brasilianischen Ernährungsempfehlungen und wurde auch in einer Reihe von Studien eingesetzt (Monteiro et al. 2018).
Einteilung von Lebensmitteln nach Verarbeitungsgrad
Die NOVA-Klassifikation von Lebensmitteln in Abhängigkeit vom Verarbeitungsgrad gliedert sich in vier Stufen.
1 Unverarbeitete bis minimal verarbeitete Lebensmittel
Diese sollen den Hauptanteil und die Basis der täglichen Ernährung bilden. In diese Gruppe fallen unbehandelte und minimal verarbeitete Lebensmittel, also Teile von Pflanzen oder Tieren sowie Eier und Milch zum Beispiel. Auch Pilze und Getränke wie Wasser, Tee oder Kaffee werden dazu gezählt. Der minimale Verarbeitungsgrad geht auf Verfahren zurück, die das Entfernen ungenießbarer oder unerwünschter Anteile umfassen; das Trocknen, Zerkleinern, Mahlen oder Zerteilen; das Filtern, Rösten und Kochen sowie die alkoholfreie Gärung und das Pasteurisieren, Kühlen, Tiefkühlen und Einlegen oder das Vakuumverpacken. Diese Verfahren dienen ausschließlich dazu, Lebensmittel zu konservieren und lagerfähig zu machen. Nahrungsmittel dieser ersten Gruppe werden häufig mit der zweiten und dritten Gruppe kombiniert.
2 Verarbeitete Zutaten (Kochzutaten)
Diese dienen in kleinen Mengen als Zutaten zur ersten Gruppe. Diese Zutaten werden aus Lebensmitteln der ersten Gruppe durch Pressen, Raffinieren, Zerkleinern, Mahlen und/oder Trocknen gewonnen. Dazu gehören unter anderem pflanzliche Öle, Butter, Zucker und Salz, die meist nicht isoliert verzehrt werden, sondern den Lebensmitteln der ersten Gruppen für Geschmack und Konsistenz zugegeben werden.
3 Verarbeitete Lebensmittel
Dabei handelt es sich um Lebensmittel, die in begrenzten Mengen in Kombination mit Gruppe eins und zwei empfohlen werden. Als verarbeitete Lebensmittel werden zum Beispiel frisch gebackenes Brot, gereifter Käse sowie Konserven von Gemüse, Obst und Fisch verstanden. An Zubereitungsmethoden stehen Konservierungsverfahren wie Räuchern oder Pökeln, Kochen oder Gärungsprozesse im Vordergrund.
4 Hochverarbeitete/ultraprozessierte Lebensmittel
Produkte aus dieser Gruppe sollten gemieden bzw. nur in geringen Mengen verzehrt werden. Hochverarbeitete Lebensmittel bestehen häufig aus einzelnen Zutaten und selten aus vollständigen Lebensmitteln. Dazu zählen Fertigprodukte, die meisten Snacks, Erfrischungsgetränke, Süßigkeiten, zusammengesetzte Fleisch- und Fischprodukte oder auch vorgefertigte Tiefkühlgerichte und Instantprodukte. Nahezu alle beworbenen Produkte fallen in dieser Gruppe.
Conclusio
Die negativen Auswirkungen eines hohen Verzehrs hochverarbeiteter Lebensmittel sind durch zahlreiche Studien belegt und umfassen eine Gewichtszunahme und die Erhöhung des Risikos für kardiometabolische Erkrankungen sowie Herz-Kreislauferkrankungen, zerebrovaskuläre Erkrankungen, Depressionen, Krebserkrankungen und eine Erhöhung der Gesamtmortalität. Eine klare und gut sichtbare Kennzeichnung von Lebensmitteln auch in dieser Hinsicht wäre notwendig, um das Bewusstsein für diese Risiken zu schärfen und das Ernährungsverhalten positiv zu beeinflussen.
Red/Karin Gruber
Literatur:
Fiolet T, Srour B, Sellem L et al. Consumption of ultra-processed foods and cancer risk: results from NutriNet-Santé prospective cohort. Br Med J 2018; 360: k322
Hall KD, Ayuketah A, Brychta R et al. Ultra-Processed Diets Cause Excess Calorie Intake and Weight Gain: An Inpatient Randomized Controlled Trial of Ad Libitum Food Intake. Cell Metab 2019; 30: 67–77
Monteiro CA, Cannon G, Levy R et al. NOVA – The star shines bright. World Nutr 2016; 7: 28–38
Monteiro CA, Cannon G, Moubarac JC et al. The UN Decade of Nutrition, the NOVA food classification and the trouble with ultra-processing. Cambridge University Press 2018; 21(Special Issue): 5–17
Pagliai G, Dinu M, Madarena MP et al. Consumption of ultra-processed foods and health status: a systematic review and meta-analysis. Br J Nutr 2021; 125: 308–318