Schilddrüse und alimentäre Jodzufuhr

Dezember 2020

Die Schild­drüse benötigt zur Pro­duktion der Schild­drü­sen­hormone Jod. Auf­grund der sehr begrenzten Spei­cher­mög­lichkeit muss eine kon­ti­nu­ier­liche Auf­nahme über die Ernährung erfolgen. Seit den 1960er Jahren wird Spei­sesalz in Öster­reich jodiert. Lebensstil- und sonstige Fak­toren führen jedoch dazu, dass eine adäquate Ver­sorgung heute offenbar nicht gegeben ist. Das betrifft unter anderem besonders vul­nerable Gruppen.

Miriam Promintzer-​Schifferl, Michael Krebs

Die Schild­drüse ist ein schmet­ter­lings­för­miges, etwa dau­men­großes, hor­mon­bil­dendes Organ, das ein­ge­bettet zwi­schen Luft­röhre, Schild­knorpel und den großen gehirn­ver­sor­genden Gefäßen an der Vor­der­seite des Halses liegt. Ist sie beim her­an­wach­senden Men­schen ent­scheidend an Ent­wick­lungs­pro­zessen wie Dif­fe­ren­zierung und Wachstum beteiligt, greift sie beim Erwach­senen in alle meta­bo­li­schen Pro­zesse ein und steuert v.a. Herz­ak­ti­vität und Blut­druck, Kohlenhydrat‑, Eiweiß- und Fett­stoff­wechsel, Darm­tä­tigkeit und Ver­dauung sowie Akti­vität und Stoff­wechsel der Mus­ku­latur. Dies erfolgt über die Schild­drü­sen­hormone T3 und T4 (Trijod- und Tet­ra­jod­thy­ronin), deren Rezep­toren in nahezu allen Zellen des Orga­nismus liegen, über den Regel­kreis Hypothalamus-​Hypophyse-​Schilddrüse gesteuert werden und als einzig bekannte bio­lo­gisch aktive Sub­stanz Jod enthalten.

Funktionsstörungen & Erkrankungen

Erkran­kungen der Schild­drüse gehören zu den häu­figsten endo­krinen Erkran­kungen. Hier können einer­seits Funk­ti­ons­stö­rungen wie Unter­funktion (Hypo­thy­reose) oder Über­funktion (Hyper­thy­reose) vor­liegen, ande­rer­seits struk­tu­relle Ver­än­de­rungen (Knoten, diffuse Ver­grö­ßerung oder Karzinome).

Unterfunktion

Eine Unter­funktion wird meist durch eine Auto­im­mun­erkrankung aus­gelöst, wobei hier Anti­körper zu einer Ent­zündung der Schild­drüse (Hash­imoto Thy­reo­iditis) und in wei­terer Folge zu einer Abnahme der Hor­mon­pro­duktion führen. Ziel der Behandlung ist die ver­min­derte Pro­duktion medi­ka­mentös auszugleichen.

Weitere, sel­tenere Ursachen für Hypo­thy­reosen sind ange­borene Defekte, Ent­zün­dungen nach Virus­infekt, Insuf­fi­zienz der Hirn­an­hangs­drüse oder Jod­mangel. Eine aus­rei­chende, kon­ti­nu­ier­liche Auf­nahme von Jod ist unab­dingbar für eine normale Schild­drü­sen­funktion. Jod­mangel, wie er in Mit­tel­europa in Acker- und Wei­de­flächen sowie Trink­wasser herrscht, lässt die Schild­drüse kom­pen­sa­to­risch wachsen und einen Kropf (Struma) mit einer poten­ti­ellen Unter­funktion ent­wi­ckeln. Die Jodierung des Spei­se­salzes hat gegenüber 1975 die Jod­auf­nahme ver­doppelt, die Jod­man­gel­struma tritt jedoch wei­terhin als ein Zeichen einer inad­äquaten Jod­ver­sorgung auf.

Überfunktion

Eine Über­funktion der Schild­drüse kann eben­falls durch Anti­körper aus­gelöst werden. Diese binden in der Schild­drüse an den Rezeptor des Steue­rungs­hormons der Hirn­an­hangs­drüse (Thyroidea-​stimulierendes Hormon, TSH) und ver­ur­sachen somit eine erhöhte T4/​T3-​Produktion.

Auch Knoten der Schild­drüse, welche sich dem Regel­kreis ent­ziehen und als autonom (oder heiß) bezeichnet werden, können, ins­be­sondere nach Jod­be­lastung, eine Über­funktion verursachen.

Jod

Bedeutung generell und Daten zur Versorgung

Die Schild­drüse benötigt unbe­dingt Jod für seine Funktion. Da eine Spei­cherung nur sehr begrenzt möglich ist, muss eine kon­ti­nu­ier­liche Auf­nahme über die Ernährung und das Trink­wasser erfolgen. Die emp­fohlene Zufuhr beträgt für Erwachsene 200 µg, für Schwangere 230 µg sowie für Stil­lenden 260 µg (DGE). Jodid wird aus dem Blut in die Fol­li­kel­zelle auf­ge­nommen, in Thy­reo­glo­bulin ein­gebaut und als solches gespei­chert. Der Hor­mon­vorrat reicht ohne exogene Jod­auf­nahme für bis zu zwei Monate aus. Zur Ent­spei­cherung wird Thy­reo­glo­bulin abgebaut und T3 und T4 frei.

Mit­tel­europa ist seit langem als Jod­man­gel­gebiet bekannt. 1963 begann in Öster­reich die Jod­zugabe zu Spei­sesalz, die1999 auf min­destens 15 und höchstens 20 mg Gesamt­jod­gehalt pro Kilo­gramm Salz fest­gelegt wurde. Diese Dosierung wurde bis heute bei­be­halten, da eine 1993 erfolgte Studie unter Schul­kindern eine adäquate Jod­auf­nahme zeigte (Gal­lo­witsch et al. 1994). Fol­ge­studien konnten dies nicht bestä­tigen (Zim­mermann & Andersson 2010; Elmadfa 2012; Wagner et al. 1998) und vor allem für schwangere Frauen ist der hohe Jod­bedarf schwierig abzu­decken. Über 85% der Schwan­geren aus dem Wiener Raum erreichten nicht die emp­fohlene Jod­menge, dies obwohl 67% der Frauen Vitamin- und Spu­ren­ele­ment­sup­ple­mente ein­nahmen (Lin­dorfer et al. 2015).

Man­gelnder Salz­konsum ist jedoch nicht der Grund. Deutsche Männer und Frauen nehmen täglich 10 bzw. 8,4 Gramm Salz zu sich. Die Deutsche Gesell­schaft für Ernährung emp­fiehlt für einen Erwach­senen eine Tages­menge von maximal 6 Gramm, die WHO 5 Gramm. Das wach­sende Bewusstsein in der Bevöl­kerung über die ungüns­tigen Effekte von zu hohem Salz­konsum auf die Gesundheit könnte hier die Menge des auf­ge­nom­menen Jods weiter verringern.

Weitere Aspekte in der Jod­ver­sorgung stellen der Verzehr von Convenience-​Produkten und der Außer-​Haus-​Verzehr von Speisen sowie die mitt­ler­weile wohl größte Gruppe an Lebens­mitteln, die indus­triell hoch ver­ar­bei­teten Pro­dukte, dar. In der Zuta­ten­liste dieser Pro­dukte verrät die Angabe von „Spei­sesalz“ die Ver­wendung von unjo­diertem Salz, das in der Nah­rungs­mit­tel­in­dustrie, der Gas­tro­nomie und in Fast-​Food-​Ketten meist zum Einsatz kommt (Arbeits­kreis Jod­mangel 2016; Bis­singer et al. 2019). 80 bis 90% der Salz­zufuhr stammen jedoch aus den genannten Bereichen. Gleichsam kann bei Ablehnung dieser Mas­sen­pro­dukte auch bei einer sehr bewussten und acht­samen Auswahl der Lebens­mittel die Jod­ver­sorgung leiden. Werden tie­rische Pro­dukte wie Kuh­milch durch Anderes ersetzt oder aus öko­lo­gi­schen Gesichts­punkten der Konsum von Mee­res­fisch abge­lehnt, gehen Haupt- Jod­quellen verloren.

Aktuelle Daten des Deut­schen Robert Koch Instituts zum Moni­toring der Jod­ver­sorgung bei Kindern und Jugend­lichen zeigen, dass 58% der Her­an­wach­senden mit ihrer Jod­aus­scheidung unterhalb des Grenz­werts der WHO von 100 µg pro Liter liegen (Hey et al. 2019) und somit ein Rückgang von fast 25% in den letzten elf Jahren zu ver­zeichnen ist. Im Gegensatz zu Öster­reich ist die Jod­zugabe zu Spei­sesalz in Deutschland nicht gesetzlich vor­ge­schrieben. Die Schweizer Stra­tegie zur Salz­jo­dierung und der nationale Jod­status der Bevöl­kerung werden alle fünf Jahre über­prüft. Es erfolgte zuletzt 2014 eine Anhebung der Jod­kon­zen­tration im Salz von 20 auf 25 mg/​kg (Andersson & Herter-​Aeberli 2018). Somit zeigte sich 2019 eine aus­rei­chende Jod­auf­nahme bei Schul­kindern, die emp­foh­lenen Werte für Frauen im gebär­fä­higen Alter, schwangere und stil­lende Frauen sowie Klein­kinder wurden aber unterschritten.

2015 wurde ein mit drei Mil­lionen Euro geför­dertes EU-​weites Projekt (EUthyroid) zur Eva­lu­ierung des Jod­mangels in Europa initiiert. In der 2018 daraus resul­tie­renden „Krakow Decla­ration on Iodine“ for­derten Wis­sen­schaftler aus 27 Ländern die natio­nalen Regie­rungen auf, ihre Ver­ant­wortung für die Jod­ver­sorgung ihrer Bevöl­kerung zu über­nehmen, abge­stimmtes Moni­toring und regel­mäßige Eva­lu­ierung ihrer Pro­gramme durch­zu­führen. Es wurde gezeigt, dass die Hälfte aller Neu­ge­bo­renen in Europa auf­grund Jod­mangels nicht ihr volles kogni­tives Potential ent­faltet sowie weitere kör­per­liche Beschwerden wie Ver­grö­ßerung der Schild­drüse und Hypo­thy­reose ent­wi­ckeln können.

Ernährung – Aspekte

Jodgehalt verschiedener Kostformen im Vergleich

Die Öster­rei­chische Schild­drü­sen­ge­sell­schaft hat in Zusam­men­arbeit mit der All­ge­meinen und Ana­ly­ti­schen Chemie der Mon­tan­uni­ver­sität Leoben mittels Mas­sen­spek­tro­metrie mit induktiv gekop­peltem Plasma den Jod­gehalt der Lebens­mittel und Getränke bestimmt, die am häu­figsten in Öster­reich ver­zehrt werden.

Zu den jod­reichen Lebens­mitteln zählen lediglich drei Kate­gorien: Mee­res­fisch, Milch- und Milch­pro­dukte sowie Hüh­nerei (siehe Tab. 1).

  • Nach dem Jod­gehalt (µg Jod pro 100 g) in abstei­gender Rei­hen­folge sind dies fol­gende Mee­res­fische: Dorsch gebraten (147), Dorsch (103), Fisch­stäbchen (66), Scholle (23), Thun­fisch und Gar­nelen (je 10).
  • Bei den Milch­pro­dukten liegen Par­mesan (127) und Schafskäse Feta (93) deutlich vor Weichkäse (24), gefolgt von Voll­milch und Topfen (je 18), But­ter­milch (15), Sau­errahm (14), Frucht­jo­ghurt (14) und Natur­jo­ghurt (11).
  • Das Hüh­nerei wies 59 µg Jod pro 100 g auf.

Lebens­mittel die sehr wenig oder kein Jod beinhalten sind Gemüse (Para­deiser, Karotten, Gurken, Paprika, Zwiebel, Erd­äpfel), Obst (Äpfel, Banane, Orange, Wein­trauben), Getreide/​ Getrei­de­pro­dukte  (Weizen, Gerste, Kör­nermais, Corn­flakes), Teig­waren, Back­waren und Brot, wobei Misch­ge­trei­de­gebäck mit 16 und Rog­genbrot mit 25 µg Jod pro 100 g Aus­nahmen dar­stellen. Auch Fleisch (Schwein, Rind, Huhn), Soja­pro­dukte (Soja­milch und ‑joghurt) sowie Nüsse (Erd­nüsse und Nuss­mi­schung) sind hin­sichtlich des Jod­ge­halts zu vernachlässigen.

Es zeigt sich hier sehr deutlich, dass Vege­tarier gefährdet sind, einen Jod­mangel zu erleiden. Werden, im Sinne einer veganen Ernährung, auch keine tie­ri­schen Milch­pro­dukte und Eier ver­zehrt, ist dieses Risiko nochmals erhöht. In einer nor­we­gi­schen Studie waren 95 Prozent der teil­neh­menden Veganer jod­man­gel­ver­sorgt (Brant­sæter et al. 2018). Die Deutsche Gesell­schaft für Ernährung emp­fiehlt daher bei veganer Ernährung beson­deres Augenmerk auf jodiertes Salz und damit zube­reitete Pro­dukte zu legen oder alter­nativ mit Mee­res­algen ver­setztes Meersalz mit defi­niertem Jod­gehalt zu ver­wenden. Auch Mee­res­algen mit mode­ratem Jod­gehalt wie Nori können gele­gentlich ver­zehrt werden. Getrocknete Algen­pro­dukte mit einem Jod­gehalt von mehr als 20 mg/​kg stuft das deutsche Bun­des­in­stitut für Risi­ko­be­wertung als gesund­heits­schädlich ein und rät vom Verzehr ab.

Nahrungsmittel mit hohem Jodgehalt

Jod & Kinderwunsch /​ Schwangerschaft /​ Stillzeit

Jod ist als essen­ti­eller Bau­stein der Schild­drü­sen­hormone kri­tisch für die fetale Gehirn­ent­wicklung. Eine bri­tische Studie unter­suchte den Zusam­menhang zwi­schen Jod­ver­sorgung von Müttern in der Früh­schwan­ger­schaft (gemessen mittels Harn­proben) und dem Intel­li­genz­quo­ti­enten der Kinder im Alter von acht Jahren. Es zeigte sich, dass Kinder von Müttern, die ent­spre­chend den WHO-​Kriterien man­gelhaft mit Jod ver­sorgt waren (=Jod/​ Krea­tinin Ratio < 150 µg/​g) im Bereich verbale Intel­ligenz und Lese­kom­petenz lediglich Punkte in der untersten Quartile erreichten. Die erreichte Punk­tezahl ver­schlech­terte sich je geringer die müt­ter­liche Jod­ver­sorgung war (Bath et al. 2013). Die Emp­fehlung einer gestei­gerten Jod­auf­nahme in der Schwan­ger­schaft (bzw. optimal bereits ab Kin­der­wunsch) mit emp­foh­lenen 230 µg/​Tag (ent­spre­chend der Gesell­schaft für Ernährung Öster­reich und Deutschland) fußt auf Erkennt­nissen dieser Art. Stil­lende Frauen benö­tigen eine nochmals höhere Jod­auf­nahme von 260 µg/​Tag, um sich selbst und auch den Säugling über die Mut­ter­milch adäquat mit Jod zu versorgen.

Aufnahme von Jod & fortgeschrittenes Lebensalter

Mit zuneh­mendem Lebens­alter weisen in unseren Breiten immer mehr Men­schen Knoten in der Schild­drüse, eine Jod­man­gel­struma, auf. Neben funk­tionell inak­tiven „kalten“ Knoten sind ältere Per­sonen gehäuft durch „heiße Knoten“ gefährdet. Diese werden auch als autonom bezeichnet, da sie sich der Steuerung durch den Regel­kreis ent­ziehen. Wird dem Körper nun über­mäßig Jod zuge­führt, sei es durch exzessive Auf­nahme über die Nahrung oder jod­haltige Kon­trast­mittel oder Medi­ka­mente, führt dies zu einer über­mä­ßigen Pro­duktion von Schild­drü­sen­hor­monen, was beim älteren Men­schen zu Herz­rhyth­mus­stö­rungen und wei­teren gesund­heit­liche Pro­blemen führen kann.

Emp­fohlen wird bei Per­sonen über 65 Jahren eine etwas geringere Jod­menge mit 180 µg/​Tag. Jedoch weisen gerade ältere Per­sonen und in Wohn­ein­rich­tungen lebende Senioren eine unzu­rei­chende Jod­auf­nahme auf (Brant­sæter et al. 2018; Miller et al. 2016). Vor plötz­licher Anhebung bzw. Sup­ple­men­tation ist aller­dings aus oben genannten Gründen Vor­sicht geboten bzw. eine vor­herige Kon­trolle der Schild­drüse empfohlen.

Schilddrüsenüberfunktion & Ernährung

Neben den oben genannten „heißen Knoten“ ist auch bei einer wei­teren Form der Schild­drü­sen­über­funktion, dem Morbus Basedow, Augenmerk auf die Jod­zufuhr zu legen. Eine absolute Jod­karenz ist weder bei heißen Knoten noch bei einer Morbus Basedow Erkrankung erfor­derlich. Große Jod­mengen, wie sie in Mee­res­fisch, ‑pro­dukten, Fisch­öl­prä­pa­raten oder Mul­ti­vit­amin­ta­bletten ent­halten sind, sollen jedoch gemieden werden um die Über­funktion nicht zu ver­schlechtern (Buch­inger & Zet­tinig 2017).

Übergewicht & Schilddrüsenfunktion

Die Inter­aktion zwi­schen Schild­drüse und Fett­gewebe ist grund­legend für die Kon­trolle des Kör­per­ge­wichts und den Erhalt der Ener­gie­ba­lance. Obwohl die Gewichts­zu­nahme eine häufige Beschwerde unter Per­sonen mit Hypo­thy­reose ist, ist diese meist von limi­tiertem Ausmaß. Eine Studie unter älteren Frauen zeigte einen ver­gleich­baren Body Mass Index in einer Gruppe mit nor­maler Funktion und einer mit latenter Unter­funktion der Schild­drüse (Hak et al. 2000). Ver­än­de­rungen im Kör­per­ge­wicht bei Hypo­thy­reose ergeben sich durch ver­mehrtes Fett­gewebe – bei redu­ziertem Ener­gie­ver­brauch in Ruhe und gerin­gerer kör­per­licher Akti­vität – als auch höherem Gehalt an Wasser im Körper infolge einer gerin­geren Kapa­zität, freies Wasser aus­zu­scheiden (Santini et al. 2014). Auch die bei hypo­thy­reoten Per­sonen ver­mehrten Gly­cos­ami­no­glycane binden Wasser. Die Wie­der­her­stellung einer nor­malen Schild­drü­sen­funktion erhöht zwar den Ener­gie­ver­brauch in Ruhe, führt jedoch nur zu einer mode­raten bzw. vor­über­ge­henden Gewichts­ab­nahme. Auch hier steht die Was­ser­aus­scheidung und weniger die Abnahme von Fett­gewebe im Vor­der­grund. Einen Mangel an Schild­drü­sen­hormon aus­zu­gleichen ist aus kar­dio­vas­ku­lärer Sicht jeden­falls erfor­derlich, für eine The­rapie eines erhöhten TSH Werts, wie er oft bei über­ge­wich­tigen Per­sonen gefunden wird, gibt es keine Evidenz (Joonklas et al. 2014). Auch als The­rapie der Adi­po­sitas zeigten sich Schild­drü­sen­hormone inef­fektiv und nicht empfohlen.

 


Zusammenfassung

Die Schild­drüse benötigt unbe­dingt Jod für seine Funktion. Da eine Spei­cherung nur sehr begrenzt möglich ist, muss eine kon­ti­nu­ier­liche Auf­nahme über die Ernährung und das Trink­wasser erfolgen. Ver­schiedene Unter­su­chungen haben gezeigt, dass sich die Jod­ver­sorgung der öster­rei­chi­schen Bevöl­kerung seit Beginn der Jod­zugabe zu Spei­sesalz 1963 ver­bessert hat. Durch eine ver­mehrte Ver­wendung von unjo­diertem Salz und Ein­halten einer koch­salz­armen Ernährung besteht Grund zur Annahme, dass sich die Jod­ver­sorgung in den letzten Jahren wieder ver­schlechtert hat. Vor allem für Frauen mit Kin­der­wunsch, während Schwan­ger­schaft und Stillzeit ist ein erhöhtes Augenmerk auf eine zusätz­liche Jod­zufuhr dringend zu emp­fehlen. Dies kann über die Ernährung durch jod­reiche Lebens­mittel und Mine­ral­wässer sowie über ent­spre­chende Nah­rungs­er­gän­zungs­mittel erfolgen. Eine ein­ge­schränkte Jod­zufuhr ist nur relativ selten, z.B. bei Schild­drü­sen­über­funktion und bös­ar­tigen Schild­drü­sen­er­kran­kungen, erfor­derlich und meist nur kurz­fristig durchzuführen.


 

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DFP-Literaturstudium

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Autoren:

Dr. Miriam Promintzer-​Schifferl, Santé Femme, Institut für Frau­en­me­dizin, www.sante-femme.at, Schild­drü­sen­praxis Josef­stadt, www.schilddruesenpraxis.at

Ao. Univ.-Prof. Dr. Michael Krebs, Uni­ver­si­täts­klinik für Innere Medizin III, Kli­nische Abteilung für Endo­kri­no­logie und Stoff­wechsel, Wien

 

Review:

Univ.-Doz. Dr. Georg Zet­tinig, Prä-​Präsident der Öster­rei­chi­schen Schild­drü­sen­ge­sell­schaft, Schild­drü­sen­praxis Josef­stadt, Wien

Dr. Wolfgang Buch­inger, Prä­sident der Öster­rei­chi­schen Schild­drü­sen­ge­sell­schaft, Institut für Schild­drü­sen­dia­gnostik und Nukle­ar­me­dizin Gleisdorf, Institut für Schild­drü­sen­dia­gnostik Graz Schröt­ter­gasse, Schild­drü­sen­or­di­nation Graz

Fort­bil­dungs­an­bieter

Uni­ver­si­täts­klinik für Innere Medizin III, Wien, Kli­nische Abteilung für Endo­kri­no­logie und Stoffwechsel

 

Lite­ratur:

Andersson M, Herter-​Aeberli I: Jod­status in der Schweizer Bevöl­kerung. Schweizer Ernäh­rungs­bul­letin 2018: 63–83

Arbeits­kreis Jod­mangel e. V.: Jod­mangel und Jod­ver­sorgung in Deutschland, 5. Aufl. 2016, www.jodmangel.de abge­rufen am 08.10.2020

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Bis­singer K, Busl L, Duden­höfer C et al: Reprä­sen­tative Markt­er­hebung zur Ver­wendung von Jodsalz in hand­werklich und indus­triell gefer­tigten Lebens­mitteln. Abschluss­be­richt zum For­schungs­projekt zur Bereit­stellung wis­sen­schaft­licher Ent­schei­dungs­hilfe für das Bun­des­mi­nis­terium für Ernährung und Land­wirt­schaft (BMEL), Justus-​Liebig-​Universität Giessen, Zentrum für inter­na­tionale Entwicklungs- und Umwelt­for­schung, Deutschland, 2019

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Buch­inger W, Zet­tinig G: Jod­gehalt in Nah­rungs­mitteln, Jod­bro­schüre der Öster­rei­chi­schen Schild­drü­sen­ge­sell­schaft 2017, www.schilddruesengesellschaft.at abge­rufen am 08.10.2020

Deutsche Gesell­schaft für Ernährung (DGE): Jod – Emp­fohlene Zufuhr. https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/jod/ abge­rufen am 06.10.2020

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