Essen und Gewicht in Corona-Zeiten

Dezember 2020

In deut­schen Familien wird seit Beginn der Corona-​Pandemie mehr selbst gekocht und gesünder gegessen, es ist aber auch eine nicht unwe­sent­liche Gewichts­zu­nahme von Eltern und Kindern zu ver­zeichnen. Vor allem von den 10- bis 14-​jährigen Kindern wird eine Gewichts­zu­nahme berichtet. 27 Prozent der 10- bis 12-​jährigen Buben und 14 Prozent der 10- bis 12-​jährigen Mädchen haben zugenommen.

Um die Aus­wir­kungen der Corona-​Pandemie auf das Ernäh­rungs­ver­halten näher zu beleuchten, ließen Wis­sen­schafter des Else Kröner-​Fresenius-​Zentrums (EKFZ) und der Tech­ni­schen Uni­ver­sität München (TUM) vom Mei­nungs­for­schungs­in­stitut FORSA eine reprä­sen­tative Umfrage durch­führen. Ein­be­zogen waren die Eltern von 1000 Familien mit min­destens einem Kind bis zu 14 Jahren. Durch­ge­führt wurde die Umfrage von 11. bis 16. Sep­tember 2020, also noch vor dem erneuten Anstieg der Infek­ti­ons­zahlen und den damit ver­bun­denen neu­er­lichen Ein­schrän­kungen. „Zur Zeit der Umfrage war es in Hin­blick auf die Corona-​Pandemie etwas ruhiger“, räumte Univ.-Prof. Dr. Hans Hauner bei einer Online-​Pressekonferenz im Oktober ein. Man könne aber davon aus­gehen, dass die Ergeb­nisse für die gesamte Pan­de­miezeit Gül­tigkeit besäßen, so der Inhaber des Lehr­stuhls für Ernäh­rungs­me­dizin an der TUM und Direktor des EKFZ.

Essen im Homeoffice

Ins­gesamt haben zwei Drittel der Eltern ange­geben, seit Beginn der Corona-​Pandemie zumindest teil­weise im Home­office zu arbeiten. Fast „die ganze Zeit“ hat ins­gesamt ein Drittel im Home­office ver­bracht. Von den Eltern mit Abitur und Stu­di­en­ab­schluss waren es 39 Prozent, von den Eltern mit Haupt­schul­ab­schluss zwölf Prozent.

Wenn nun zu Hause gear­beitet wird – wird da auch mehr selbst gekocht? Erhe­bungen vor der Corona-​Pandemie haben laut Hauner ergeben, dass in nur etwa 40 Prozent der deut­schen Haus­halte Mahl­zeiten selbst zube­reitet werden. Doch seit Beginn der Corona-​Krise stellt man sich wieder etwas öfter an den Herd. Ins­gesamt gaben 30 Prozent der Eltern an, seit Beginn der Krise häu­figer selbst zu kochen, bei den über­wiegend im Home­office tätigen Eltern waren es 43 Prozent.

Ins­gesamt 14 Prozent der Befragten gaben an, dass die Ernährung in der Familie gesünder sei als zuvor. Von den­je­nigen, die fast die ganze Zeit im Home­office gear­beitet haben, waren es 20 Prozent.

Eine über­wie­gende Mehrheit von 80 Prozent der Befragten hat ins­gesamt ange­geben, dass sich das Ernäh­rungs­ver­halten in der Familie nicht grund­legend ver­ändert habe.

Gewicht der Eltern

Dennoch geben 27 Prozent der Eltern an, zuge­nommen zu haben – beide Geschlechter glei­cher­maßen. Hauner verwies auf Erhe­bungen, die gezeigt hätten, dass sich Erwachsene in den letzten Monaten deutlich weniger bewegt hätten. Auch Pandemie-​assoziierte psy­chische Fak­toren wurden in einigen Studien bereits unter­sucht. Die Ergeb­nisse einer süd­ko­rea­ni­schen Studie zeigen zum Bei­spiel, dass Per­sonen, die die gel­tenden Abstands­regeln ein­halten sollen, mehr essen als die Ver­gleichs­gruppe mit sozialen Kon­takten – und dass zu „Social Distancing“ gezwungene Per­sonen fett- und zucker­reiche Lebens­mittel bevorzugen.

Essen biete offenbar eben auch eine Art emo­tio­naler Ent­lastung, resü­miert Hauner: „Auch diese Mecha­nismen sind hier wahr­scheinlich sehr wichtig und können erklären, warum das Gewicht der Eltern im Durch­schnitt gestiegen ist, obwohl ange­geben wird, dass man sich gesünder ernährt.“

Gewicht der Kinder

Den Ergeb­nissen der Münchner Unter­su­chung zufolge haben ins­gesamt neun Prozent der Kinder in den befragten Familien seit Beginn der Corona-​Pandemie zuge­nommen. „Das ist viel, wenn man bedenkt, dass sich die Unter­su­chung auf einen relativ kurzen Zeitraum von etwa sechs Monaten bezieht“, gibt Else Kröner-​Seniorprofessor Dr. Berthold Koletzko zu bedenken. Während Kinder nach Angaben von Eltern mit Abitur und Studium zu sieben Prozent zuge­nommen haben, war dies bei Kindern von Eltern mit Haupt­schul­ab­schluss zu 23 Prozent der Fall.

Die Gewichts­zu­nahme war stark vom Alter der Kinder abhängig. Während Klein- und Vor­schul­kinder nicht betroffen waren, stieg das Gewicht bei den Über-​10-​Jährigen deutlich an. 27 Prozent der Buben und 14 Prozent der Mädchen zwi­schen 10 und 12 Jahren haben laut Aus­kunft der Eltern zuge­nommen. Bei den 13- bis 14-​Jährigen waren es 9 bzw. 10 Prozent.

38 Prozent der Eltern geben an, ihr Kind habe sich seit Beginn der Corona-​Pandemie weniger bewegt. Besonders häufig trifft dies auf die 10- bis 14-​Jährigen zu. Es wurden mehr Kuchen und Süßig­keiten sowie Knab­ber­ar­tikel und Soft­drinks kon­su­miert – aber auch mehr Obst und Gemüse gegessen.

 


Zusammenfassung

  • Eine reprä­sen­tative deutsche Umfrage unter Familien mit Kindern hat ergeben, dass seit Beginn der Corona-​Pandemie in 30 Prozent der Haus­halte häu­figer selbst gekocht wird.
  • Ins­gesamt 14 Prozent der Befragten gaben an, dass sich die Familie gesünder ernähre. Von den­je­nigen, die fast die ganze Zeit im Home­office gear­beitet haben, waren es 20 Prozent.
  • Rund ein Drittel der Eltern gibt an, Gewicht zuge­nommen zu haben.
  • Vor allem von den 10- bis 14-​jährigen Kindern wird eine Gewichts­zu­nahme berichtet. 27 Prozent der 10- bis 12-​jährigen Buben und 14 Prozent der 10- bis 12-​jährigen Mädchen haben zuge­nommen; bei den 13- bis 14-​Jährigen trifft dies laut Aus­kunft der Eltern auf 9 bzw. 10 Prozent zu.
  • Laut Aus­kunft der Eltern bewegen sich seit Beginn der Corona-​Pandemie ins­gesamt 38 Prozent der Kinder weniger als zuvor.

Mehr zum Thema Covid-​19 und Ernährung lesen Sie in unserem Beitrag „Das Mikrobiom in Qua­rantäne“.
Red/​Karin Gruber