Das Mirakel vom Kokosöl

September 2020

Kokosöl gilt als gut für die Gesundheit. Eine aktuelle Meta-​Analyse lässt jedoch erheb­liche Bedenken gegenüber einem hohen Konsum des Öls auf­kommen, denn es erhöht das LDL- und das Gesamt­cho­le­sterin und damit das Risiko für eine kar­dio­vas­kuläre Erkrankung. Kokosöl sollte daher so wenig wie möglich ver­wendet werden.

Das beliebte und viel ver­wendete Speiseöl ist reich an gesät­tigten Fett­säuren. Diese erhöhen den Blut-​Cholesterinspiegel und vor allem das LDL-​Cholesterin. 72% der ame­ri­ka­ni­schen Bevöl­kerung glauben, laut einer Befragung der New York Times 2016, Kokosöl wäre ein besonders gesundes Öl. Dies scheint vor allem auf eine äußerst erfolg­reiche Mar­ke­ting­stra­tegie zurück­zu­führen zu sein, da es keine wis­sen­schaft­liche Evidenz für die ver­mu­teten posi­tiven gesund­heit­lichen Effekte von Kokosöl gibt.

Zusammensetzung von Kokosöl

Kokosöl besteht zu etwa 50% aus Laurin­säure (C 12:0). Laurin­säure ist eine gesät­tigte, mit­tel­kettige Fett­säure. Sie verhält sich aller­dings nicht wie eine übliche mit­tel­kettige Fett­säure. Mit­tel­kettige Fett­säuren werden nor­ma­ler­weise von der Pfortader absor­biert und umgehen dadurch die Leber. Sie sind daher für die Ener­gie­pro­duktion zuständig und nicht für die Cho­le­ste­rin­syn­these in der Leber. Laurin­säure verhält sich aller­dings eher wie eine lang­kettige gesät­tigte Fett­säure. Sie wird vom Darm absor­biert, mit Lipoprotein-​Partikeln ver­bunden und wandert dann in die Leber. Daneben machen die lang­ket­tigen, gesät­tigten Fett­säuren Myristin- und Pal­mi­tin­säure zirka 25% des Kokos­fetts aus.

Es gibt Hin­weise dafür, dass in manchen indi­genen Bevöl­ke­rungen mit einem übli­cher­weise hohen Konsum von Kokosöl kar­dio­vas­kuläre Erkran­kungen sel­tener auf­treten. Dabei muss aber ange­merkt werden, dass diese Bevöl­ke­rungs­gruppen generell eine ganz andere Ernäh­rungs­weise haben als die übliche west­liche Kost. Dort wird in der Regel mehr Fisch und viel weniger Fleisch ver­zehrt. Und es wird meist auch hoch­wer­tiges rohes Kokos­fleisch oder gepresste Kokos­nuss­creme ver­wendet, die einen gerin­geren Anteil an gesät­tigten Fett­säuren haben als das bei uns han­dels­üb­liche Kokosöl.

Studienergebnisse

Eine kürzlich in Cir­cu­lation erschienene Meta-​Analyse zeigt eben­falls, dass kli­nische Studien die positive Wahr­nehmung von Kokosöl nicht bestä­tigen können. Die Meta-​Analyse von N. Neela­kantan et al hat 17 kli­nische Studien über Kokosöl und andere Pflan­zenöle (vor allem Sojaöl, Oli­venöl, Dis­telöl und Rapsöl) in die Beob­achtung mit auf­ge­nommen. Die Studien bezogen 730 größ­ten­teils gesunde Pro­banden mit nor­malem Cho­le­ste­rin­spiegel mit ein. Die Ernäh­rungs­in­ter­vention dauerte min­destens 2 Wochen. Nach der Inter­ven­ti­ons­phase wurden die Effekte des jewei­ligen Öls auf Blut­fette, Kör­perfett, Ent­zün­dungs­marker und Blut­zucker untersucht.

Es zeigte sich, dass Kokosöl im Ver­gleich zu anderen Pflan­zenölen (auch im Ver­gleich zu Palmöl) den Cho­le­ste­rin­spiegel signi­fikant steigert (95%, Gesamt­cho­le­sterin um +14,69 mg/​dl, LDL-​Cholesterin um +10,47 mg/​dl und HDL-​Cholesterin um + 4mg/​dl). Im Ver­gleich zu anderen Pflan­zenölen hat der Verzehr von Kokosöl Tri­gly­ceride, Ent­zün­dungs­marker oder Kör­perfett hin­gegen nicht signi­fikant beein­flusst. Im Ver­gleich zu Butter hat Kokosöl das LDL-​Cholesterin gesenkt und das HDL-​Cholesterin erhöht. Die For­scher schluss­folgern, dass eine hohe Auf­nahme von Kokosöl mit der Zunahme von LDL um 10,47 mg/​dl (95%) zu einem Anstieg von vas­ku­lären Erkran­kungen um 6% und einem Anstieg des koro­naren Herz­er­kran­kungs­ri­sikos um 5,4% führen kann.

Conclusio

Die stei­gende Popu­la­rität von Kokosöl kommt auf­grund der fälsch­li­cher­weise behaup­teten güns­tigen gesund­heit­lichen Effekte zustande. Die Ergeb­nisse der vor­lie­genden Meta-​Analyse lassen jedoch erheb­liche Bedenken gegenüber einem hohen Konsum von Kokosöl auf­kommen. Kokosöl erhöht das Risiko für eine kar­dio­vas­kuläre Erkrankung durch Erhöhung von Gesamt­cho­le­sterin und LDL-​Cholesterin. Kokosöl sollte auf­grund nach­ge­wie­sener ungüns­tiger gesund­heit­licher Effekte auf Blut­fette so wenig wie möglich ver­wendet werden. Statt­dessen sollten hoch­wertige Pflan­zenöle mit güns­tiger Fett­säu­re­zu­sam­men­setzung (z.B. Rapsöl und Oli­venöl) bevorzugt werden.

 

OEAIE 2020 Fallmann K, Widhalm K

 

Quellen:

Abbasi J. Coconut Oil’s Health Halo a Mirage, Cli­nical Trials Suggest. JAMA 2020; 323: 1540– 1541

Neela­kantan N, Seah JYH, van Dam RM et al. The Effect of Coconut Oil Con­sumption on Car­dio­vas­cular Risk Factors, A Sys­te­matic Review and Meta-​Analysis of Cli­nical Trials. Cir­cu­lation 2020; 141: 903–814