Karin Gruber
Die Lebensmittelproduktion hat sich immer mehr zu einem der wichtigsten Treiber für globale Umweltschäden entwickelt. Rund 40 Prozent der Landfläche weltweit werden für die Landwirtschaft verwendet, die Lebensmittelproduktion ist für fast ein Drittel der Emissionen von Treibhausgasen verantwortlich und verbraucht mehr als zwei Drittel der Frischwasservorräte der Erde. Der EAT-Lancet-Report geht auf fünf Schlüsselfaktoren im Detail ein und nennt dabei konkrete Grenzen (Willet W et al. Lancet 2019; 393: 447–492; Tab. 1).
Treibhausgase & Klimawandel
Die Lebensmittelproduktion generiert einen gravierenden Ausstoß von vor allem Methan und Stickoxid. Methan entsteht vorwiegend im Verdauungstrakt von Wiederkäuern sowie beim anaeroben Abbau biologischen Materials. Enorme Mengen von Stickoxid werden von Bodenmikroorganismen in landwirtschaftlich genutzten Flächen gebildet, wobei das Ausmaß von der Düngung abhängt. Kohlendioxid wird unter anderem beim Betrieb landwirtschaftlicher Maschinen, bei der Herstellung von Kunstdünger und bei Transporten ausgestoßen. Von einer Ernährung im Sinn der Planetary Health Diet erwartet man sich bis 2050 eine Reduktion der Treibhausgas-Emissionen um 80 Prozent.
Verbrauch von Frischwasser
Die Lebensmittelproduktion verbraucht weltweit den größten Anteil von Frischwasser. Davon werden 70 Prozent zur Bewässerung verwendet, wobei die Anteile zwischen rund 21 Prozent in Europa und 82 Prozent in Afrika liegen. Das dafür verwendete Wasser geht dem System aufgrund direkter Verdunstung oder Verdunstung im Zug des Pflanzenwachstums großteils verloren. Da dieser sogenannte „konsumtive“ Verbrauch in der Landwirtschaft bis zu einem gewissen Grad unvermeidlich ist, wird ein Zusammenwirken verschiedener Sektoren gefordert. So könnte eine Verringerung des konsumtiven Wasserverbrauchs der Industrie einen größeren Spielraum für die Landwirtschaft eröffnen. Bessere Produktionsmethoden könnten den Wasserverbrauch um etwa 30 Prozent verringern, die Halbierung von Lebensmittelverlusten und ‑abfall eine Reduktion um rund 13 Prozent bringen. Ein geringerer Verzehr tierische Produkte fällt diesbezüglich kaum ins Gewicht.
Stickstoff & Phosphor
In den meisten Regionen der Erde ist die Verfügbarkeit von Stickstoff und Phosphor ein zentraler limitierender Faktor in der Pflanzenproduktion. Dementsprechend notwendig und verbreitet ist der Einsatz von Düngemitteln. Allerdings wird dabei häufig ein Überschuss eingebracht, der unter anderem zu einer fatalen Eutrophierung von Böden und Gewässern führt. Weitere Folgen sind steigende Stickstoff-Emissionen und Kontaminationen des Grundwassers. Dünger müssen effizienter und gezielter eingesetzt werden, der Verlust von Nährstoffen auf allen Ebenen verringert und es müssen effiziente Recycling-Zyklen für Nährstoffe implementiert werden.
Gleichzeitig ist die Produktion von Stickstoffdünger höchst energieaufwändig und mit einem hohen Ausstoß von Treibhausgasen verbunden. Bei Phosphor wiederum ist man auf natürliche mineralische Vorkommen und damit auf eine nicht erneuerbare Ressource angewiesen, die bei gleichbleibender Ausbeutung in 50 bis 100 Jahren zu Ende gehen dürfte.
Schätzungen zufolge könnte der Bedarf an Stickstoffdünger durch verschiedene Maßnahmen um 26 Prozent und derjenige an Phosphordünger um 40 Prozent reduziert werden. Durch Vermeidung von Nachernteverlusten und Nahrungsmittelabfall wären 15 Prozent möglich. Eine Ernährungsumstellung in Sinn der Planetary Health Diet könnte 10 Prozent bringen.
Biodiversität
Die phantastische Vielfalt von Pflanzen und Tieren, Mikroorganismen und Pilzen ist eine Säule der Stabilität in den Ökosystemen der Erde, und damit essenziell für die Produktion von Lebensmitteln. Gerade die Lebensmittelproduktion ist aber eine der Hauptursachen für den derzeit vor sich gehenden, gravierenden Verlust an Biodiversität. Eine zentrale Rolle dabei spielen der Verlust von Lebensräumen und die Fragmentierung der Flächen. Auch Klimaänderungen, Umweltverschmutzung und die Eutrophierung sind beteiligt. Unter anderem wird die Integration von Ackerflächen in bereits gerodete Waldgebiete beziehungsweise in bestehende Kulturflächen wie Weideland gefordert.
Landnutzung
Zwar ist die landwirtschaftlich genutzte Fläche weltweit seit Mitte des 20. Jahrhunderts relativ gleich geblieben. Doch während in den gemäßigten Zonen große Flächen stillgelegt wurden, sind in tropischen Zonen – und das heißt in Zentren der Biodiversität – enorme Wälder gerodet und der landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt worden. Derzeit können 51 Prozent der Landfläche der Erde als ökologisch intakt bezeichnet werden und dieses sollen nach der „Half Earth Strategy“ erhalten bleiben. Abgesehen davon soll die landwirtschaftlich genutzte Fläche nicht mehr ausgeweitet werden, vielmehr sollen Flächen renaturiert werden.
Viele Schritte, viele Bausteine Eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Lösung dieser Probleme ist eine globale Allianz aller politischen und gesellschaftlichen Kräfte. Anders können vorgeschlagene Veränderungen in der Lebensmittelproduktion nicht realisiert werden. Dazu gehören: Ausgleich der Düngung zwischen Über- und Unterversorgung; effizientere Wasserbereitstellung und ‑nutzung; innovative landwirtschaftliche Methoden zur Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen in Feldern (z.B. Reis) und durch Tiere (z.B. Futterzusätze) sowie zur Steigerung der Produktivität durch Management und Pflanzenzüchtung; Abkehr von Biotreibstoffen der ersten Generation (gewonnen aus Nahrungspflanzen) u.a.m. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt weiters die Verringerung von Nach-Ernteverlusten und Lebensmittelabfall, hier wird eine Reduktion um die Hälfte gefordert. Schließlich würde eine Ernährung nach den Grundsätzen der „Planetary Health Diet“ einen wesentlichen Beitrag leisten. |