Die Ernährung beeinflusst das kardiovaskuläre Risiko über verschiedenste Mechanismen, wobei insbesondere Nahrungsfette eine bedeutende Rolle spielen. Dies betrifft sowohl quantitative Aspekte, da Nahrungsfette als energiereichste Nahrungsmittelkomponenten ein wesentlicher Treiber in Richtung Übergewicht und Adipositas mit all ihren Folgeerkrankungen sind, als auch vielfältige qualitative Aspekte.
Nahrungsfette wirken nicht nur über die Beeinflussung der Serumlipide mit den Subfraktionen Low-density-Lipoprotein(LDL)- und High-density-Lipoprotein(HDL)-Cholesterin, Triglyceride sowie in geringerem Ausmaß auch Lipoprotein (a). Bei ungünstiger Qualität werden weitere kardiovaskulär relevante Parameter wie Blutdruck, Thrombophilie, endotheliale Funktion, Herzrhythmus, Insulinsensitivität und oxidativer Stress im Sinne einer Erhöhung des kardiovaskulären Risikos auch bei insgesamt nicht erhöhter Fettaufnahme modifiziert. Ebenfalls von diätetischen Einflüssen geprägt ist die chronische subklinische Entzündungsreaktion als kardiovaskulärer Risikofaktor, der nicht nur bei Adipositas auftritt und bei der Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2 eine bedeutende Rolle spielt.
Fettgewebe ist als komplexes endokrines Organ zu betrachten. Zahlreiche von Adipozyten sezernierte pro-entzündliche Adipokine verbreiten die Adipositas-assoziierte Fettgewebsentzündung in den gesamten Organismus. Zu den wichtigsten zählen TNF-Alpha, Interleukin(IL)-1 und -6, Monozyten-chemoattrahierendes Protein(MCP)-1 und Osteopontin. Doch auch unabhängig von Adipositas können Entzündungsvorgänge im viszeralen Fettgewebe die Atherosklerose fördern (Öhmann MK et al. Circulation 2008; 117: 798–805).
Am intensivsten untersucht wurde der Einfluss der Ernährung auf das kardiovaskuläre Risiko bisher anhand der Serumlipide als Surrogatparameter. Veränderungen bei Serumlipiden müssen jedoch vom kardiovaskulären Risiko, wie es in prospektiven Studien bestimmt wurde, klar unterschieden werden.
Atherogene Dyslipidämie
Bei der atherogenen Dyslipidämie handelt es sich um eine spezifische Zusammensetzung von Blutlipiden, die auch als diabetische Dyslipidämie bezeichnet wird. Sie ist jedoch nicht nur bei Typ-2-Diabetes anzutreffen, sondern generell beim metabolischen Syndrom, abdomineller Fettverteilung, Übergewicht und Adipositas. Gefördert wird die atherogene Dyslipidämie durch kohlenhydratreiche Ernährung und Insulinresistenz.
Die atherogene Dyslipidämie ist durch erhöhte Triglyceride (TG), niedriges HDL-Cholesterin (HDL-C) und erhöhtes Auftreten kleiner und dichter LDL-Partikel (small dense LDL) charakterisiert – das Cholesterin ist also auf mehr und kleinere Partikel verteilt.
Die besondere Atherogenität kleiner, dichter LDL-Partikel wird auf verschiedene Ursachen zurückgeführt. Zum einen können sie aufgrund des kleinen Durchmessers relativ leicht durch das Endothel in die Gefäßwand gelangen, zum anderen werden sie relativ leicht oxidiert, und sie werden relativ schlecht und damit verzögert über LDL-Rezeptoren entsorgt.
Zum Entstehungsmechanismus: Aufgrund der gesteigerten Lipolyse in insulinresistenten Adipozyten sezernierter freier Fettsäuren und der Lipogenese aus Glucose in der Leber bei Hyperinsulinämie kommt es zu einer vermehrten Bildung von VLDL-Partikeln und damit einem Anstieg des Triglycerid-Spiegels. Der Triglycerid-Spiegel wird insbesondere bei diabetischer Stoffwechsellage darüber hinaus noch durch den beeinträchtigten Abbau Triglycerid-reicher Lipoproteine in die Höhe getrieben.
Bei nicht erhöhten Triglyceriden erfolgt eine Übertragung auf kleine VLDL-Partikel, die über die Zwischenstufe der IDL-Partikel (intermediate density lipoprotein) zu großen LDL-Partikeln umgesetzt werden. Bei erhöhten Triglyzerid-Konzentrationen werden Triglyceride aus besonders Triglyzerid-reichen VLDL unter anderem auf LDL- und HDL-Partikel übertragen. Vermittelt durch das Enzym Cholesterinester-Transfer-Protein (CETP) geschieht dies im Austausch gegen Cholesterin. Die nunmehr Triglyzerid-reichen LDL- und HDL-Partikel werden durch die hepatische Lipase abgebaut, was zu einem Anstieg kleiner, dichter HDL-Partikel – manifestiert als niedriger HDL-Cholesterin-Spiegel – und einem Anstieg kleiner, dichter LDL-Partikel führt.
Nun ergibt die Messung des LDL-Cholesterins dieselben Werte unabhängig davon, ob große LDL-Partikel mit mehr Cholesterin je Partikel oder kleine, dichte – und wesentlich stärker atherogene – LDL-Partikel vorliegen.
Speisefette und Dyslipoproteinämie
Blutspiegel und Zusammensetzung der Nahrungsfette sind auseinanderzuhalten.
Die Qualität der Speisefette ist hinsichtlich der Prävention der Dyslipoproteinämie hochrelevant – je nach Qualität der Speisefette werden Serumlipide unterschiedlich beeinflusst. Laut der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zur Fettzufuhr und Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Erkrankungen 2015 führt zum Beispiel der Austausch von gesättigten Fettsäuren (SFA) durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA) zu einer Verringerung von Gesamt- und LDL-Cholesterin im Plasma, hat aber wahrscheinlich keinen Einfluss auf HDL-Cholesterin und Triglyceride.
Einfach ungesättigte Fettsäuren (MUFA) senken im Austausch gegen Kohlenhydrate die Konzentration von Triglyceriden, die Gesamt-C/HDL-C-Ratio und die LDL-/HDL-C-Ratio.
Eine erhöhte Zufuhr von n-6 PUFAs senkt die Plasma-Triglyceride, allerdings nur im Austausch gegen Kohlenhydrate, nicht aber im Austausch gegen andere Fettsäuren.
Langkettige n-3-FS senken eine Hypertriglyceridämie mit überzeugender Evidenz, ein Zusammenhang mit Hypercholesterinämie ist unwahrscheinlich.
Transfettsäuren erhöhen mit überzeugender Evidenz das Risiko für Dyslipoproteinämien und das Risiko für koronare Herzkrankheit. Ein gesundheitliches Risiko wird vor allem mit jenen Transfettsäuren in Verbindung gebracht, die in gehärteten Fetten oder bei länger verwendetem Frittierfett enthalten sind. Natürliche Transfettsäuren wie sie in Milch und Milchprodukten oder im Fleisch von Wiederkäuern vorkommen, gelten – nicht zuletzt aufgrund des geringen Gehalts – als nicht gesundheitsgefährdend. Aufgrund von Beschränkungen der zulässigen Mengen in der Lebensmittelproduktion und der insgesamt geringen Aufnahme wird in Europa derzeit keine generelle Gefährdung von dieser Seite angenommen. Risikogruppen bilden Personen mit einem sehr hohen Verzehr entsprechender Fertigprodukte und frittierter Speisen.
Fettanteil und -qualität im Überblick
Eine Reduktion des Gesamtfettanteils in der Nahrung geht zwar mit einer Verringerung der Adipositas einher, ein direkter Zusammenhang mit dem kardiovaskulären Risiko hat sich aber nicht gezeigt. Fettarme Diäten alleine reduzieren das kardiovaskuläre Risiko nicht (Hu FB & Willett WC, JAMA 2001; 288: 2569–2578). Dabei kommt es vielmehr auf die Zusammensetzung der Speisefette und -öle an, also auf die Qualität der Nahrungsfette.
So ist zur Prävention der koronaren Herzkrankheit laut DGE-Leitlinie 2015 der Austausch gesättigter Fettsäuren gegen eine Kombination von Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren sowie die Zufuhr langkettiger n-3-Fettsäuren wahrscheinlich wirksam. Langkettige Omega-3-Fettsäuren senken wahrscheinlich auch das Hypertonie-Risiko.
Zum Erscheinen der DGE-Leitlinie zur Fettzufuhr im Jahr 2015 wurde die Datenlage zum Austausch von Fett bzw. Fettsäuren als immer noch unzureichend bezeichnet.
Ernährungsformen & Fettquellen
Der Einfluss von Ernährungsformen auf die Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen wird seit vielen Jahren untersucht. Eine der ersten Arbeiten, die auf die Bedeutung der Ernährungsform und der Fettqualität hinwiesen, ist die 2013 erstmals publizierte PREDIMED-Studie, bei der eine durch Olivenöl oder Nüsse angereicherte mediterrane Ernährung mit einer fettreduzierten, im Prinzip mediterranen Ernährung für Personen mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko verglichen wurden.
Die multizentrische, randomisierte Primärpräventionsstudie in Spanien mit einem medianen Beobachtungszeitraum von 4,8 Jahren geriet jedoch wegen Fehler bei der Randomisierung in die Kritik und wurde daraufhin zurückgezogen. Bei einer Neuauswertung 2018 wurden 1.588 nicht korrekt randomisierte Teilnehmer der ursprünglich 7.447 Teilnehmer ausgeschlossen (Estruch R et al. NEJM 2018; e34). Die Ergebnisse zeigten lediglich geringfügige Abweichungen von den ursprünglich publizierten Daten. In der Neuauswertung wurde im Vergleich zu einer fettreduzierten Ernährung für eine mit Olivenöl (50 g/Tag) angereicherte Mittelmeer-Diät ein Risikoquotient für den primären Endpunkt (Myokardinfarkt, Schlaganfall, kardiovaskulärer Tod) von 0,69 errechnet (95% CI 0,53 bis 0,91), was einer Risikoreduktion um 31 Prozent entspricht. In der Gruppe mit täglich 30 Gramm Nüssen (15g Walnüsse, 7,5g Haselnüsse, 7,5g Mandeln) betrug der Risikoquotient 0,72 (95% CI 0,54 bis 0,95), die Risikoreduktion lag bei 28 Prozent.
Eine Subgruppenanalyse zeigt mit einem Risikoquotienten von 0,51 den weitaus stärksten Effekt bei Personen mit einem BMI >30 (95% CI 0,37 bis 0,71). Weiters waren die Effekte bei Vorliegen einer Dyslipidämie wesentlich stärker ausgeprägt.
Bemerkenswert bei dieser Studie ist der hohe Fettanteil in den Interventionsgruppen. Bei Anreicherung mit Olivenöl stieg er von durchschnittlich 39,2 auf 41,2 Prozent, bei zusätzlichem Verzehr von Nüssen von 39,4 auf 41,5 Prozent. In der Kontrollgruppe ist er von durchschnittlich 39,0 auf 37,0 gesunken.
Viel Kritik war auch die PURE-Studie ausgesetzt, eine multinationale prospektive Kohortenstudie mit 135.335 Teilnehmern aus 18 Ländern und 5 Kontinenten und einer medianen Beobachtungszeit von 7,4 Jahren, die den Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Fetten beziehungsweise Kohlenhydraten mit kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität untersuchte (Dehghan M et al. Lancet 2017; 390: 2050–2062). Die Ergebnisse wurden – nicht nur in der Laienpresse – dahingehend interpretiert, dass eine deutliche Erhöhung des Fettanteils als bisher empfohlen und eine Reduktion von Kohlenhydraten sinnvoll wäre. Dementsprechend groß war das Aufsehen.
Diese Schlussfolgerung wird jedoch aufgrund methodischer Schwächen der Studie breit abgelehnt. Zu den wichtigsten Kritikpunkten gehört der Einschluss von Probanden mit nicht adäquater Energiezufuhr, der Vergleich mit Referenzgruppen mit unzureichender Nährstoffzufuhr, die Nichtbeachtung der Kohlenhydratqualität, der Ballaststoffzufuhr sowie der Substitution einfacher Kohlenhydrate durch Fett bzw. gesättigte Fettsäuren und die fehlende Stratifizierung der Daten nach Einkommen und Region (Akt Ernährungsmedizin 2018; 43: 173).
De facto decken sich die zentralen Ergebnisse der PURE-Studie jedenfalls mit den aktuellen Empfehlungen für die Nährstoffzusammensetzung großer wissenschaftlicher Gesellschaften.
Herausragend: PUFAs & Omega-3-Fettsäuren
Ein Bestandteil der Nahrungsfette sticht hinsichtlich seines kardiopräventiven Potenzials hervor: die mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren.
Eine Analyse zahlreicher klinischer und prospektiver Studien sowie Metaanalysen 2006 kommt zum Beispiel zu dem Schluss, dass ein moderater Konsum von Omega-3-FS-reichem Fisch von ein bis zwei Mahlzeiten pro Woche mit einer um 17 Prozent (95% CI 0 bis 32%) reduzierten Gesamtmortalität assoziiert ist (Mozaffarian D & Rimm EB. JAMA 2006; 296: 1885–1899). Die koronare Mortalität ist um 36 Prozent verringert (95% CI 20 bis 50%).
Eine weitere Meta-Analyse einer Reihe randomisierter Studien hat gezeigt, dass eine um 10 Energieprozent erhöhte Aufnahme von PUFAs mit einer 19-prozentigen Risikoreduktion für die koronare Herzkrankheit einhergeht (Mozaffarian D et al. PLosMed 2010; 7: e1000252).
Allerdings tritt der risikosenkende Effekt nur in Zusammenhang mit Omega-3-Fettsäuren ein, alleinige Erhöhungen der Omega-6-Fettsäuren sind offensichtlich nicht protektiv (Ramsden CE et al. Br J Nutr 2010;104:1586–1600; Calder PC. Br J Nutr 2010;104:1575–1576).
Ein gezielter Austausch von Fett bzw. Fettsäuren bei isokalorischer Kost sollte daher einen bedeutenden Beitrag zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen leisten können.
Dabei geht es einerseits um den optimalen Anteil von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren in der Ernährung und andererseits um die erforderliche Dosierung von Supplementen.
Es ist allerdings davon auszugehen, dass einige wesentliche gesundheitsfördernde Effekte von Omega-3-Fettsäuren wie zum Beispiel die Blutdruck- oder Triglycerid-senkende Wirkung mit den über die Ernährung üblicherweise zugeführten Mengen nicht zu erzielen sind (DGE 2015).
Zwischenzeitlich ist eine Reihe von Publikationen zu den kardioprotektiven Wirkungen mehrfach ungesättigter Fettsäuren, insbesondere Omega-3-FS, erschienen. Die kritische Beleuchtung der publizierten Studien erlaubt trotz widersprüchlicher Aussagen dennoch relevante Schlussfolgerungen.
Omega-3-Fettsäuren
Bei Omega-3-Fettsäuren handelt es sich um langkettige, mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Dazu gehören in erster Linie die pflanzliche Alpha-Linolensäure (ALA) und die vor allem in Fischöl enthaltenen Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Letztlich stammen aber alle Omega-3-Fettsäuren aus pflanzlichen Quellen, da der Gehalt in fettreichen Kaltwasserfischen auf den Verzehr von Mikroalgen zurückgeht.
ALA an sich bringt hinsichtlich der kardiovaskulären Prävention zwar teilweise Vorteile, insgesamt aber keinen signifikanten Benefit. (Del Gobbo LC et al. JAMA 2017; 176: 1155–1166) Die größte Bedeutung in Hinblick auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit haben EPA und DHA, die abgesehen davon eine Reihe weiterer günstiger klinischer Effekte aufweisen.
Molekulare Wirkmechanismen von Omega-3-FS
Die den physiologischen Effekten und klinischen Wirkungen von Omega-3-FS zugrunde liegenden molekularen Mechanismen betreffen zahlreiche Stoffwechselwege und wurden vor allem anhand von EPA und DHA untersucht (Mozaffarian D et al. JACC 2011; 58: 2047–2067)
Die Integration von Omega-3-Fettsäuren in Zellmembranen beeinflusst deren physikalische und biochemische Eigenschaften wie die Membranfluidität und die Funktion von Membranproteinen. Unter anderem wird die Dimerisation des Toll-like Rezeptors 4 (TLR 4) hintangehalten, was über die Downregulierung des Transkriptionsfaktors NF-κB zum anti-entzündlichen Effekt beitragen könnte. Cholesterinreiche Mikrodomänen (lipid rafts) in der Zellmembran werden modifiziert, wodurch die Bildung der vor allem bei Adipozyten und glatten Muskelzellen zahlreichen Caveolen beeinflusst wird. Als Liganden wichtiger nukleärer Rezeptoren und Transkriptionsfaktoren wirken Omega-3-FS auch unmittelbar auf die Genexpression. Diese Effekte stehen unter anderem mit dem Lipidstoffwechsel und der Signaltransduktion im Zug inflammatorischer Prozesse in Zusammenhang.
Indem Omega-3-FS die Arachidonsäure in Zellmembranen zumindest teilweise ersetzen, drosseln sie die Produktion pro-inflammatorischer Arachidonsäure-Abkömmlinge. Darüber hinaus fördern sie die Produktion spezifischer anti-entzündlicher, „resolving“ Lipidmediatoren, wie im Mausmodell gezeigt werden konnte (Neuhofer A et al. Diabetes 2013; 62: 1945–1956).
Zu den anti-inflammatorischen und immunmodulatorischen Wirkungen von Omega-3-Fettäuren gehört die Modulation der Zytokinproduktion mit einer Förderung anti-entzündlicher Mediatoren wie Interleukin(IL)-1, -2-, -6 und Interferon(IFN)-γ einerseits und der Reduktion pro-inflammatorischer Mediatoren wie Tumornekrosefaktor(TNF)-α andererseits. Immunologische Vorgänge wie die Antigen-Präsentation, die T-Zell-Aktivierung und die T-Zell-Proliferation werden in diesem Sinn beeinflusst. Ein Shift weg von der Th1-Immunreaktion ist zu beobachten.
Die Reduktion der Fettgewebsentzündung durch täglich 3,6 g Omega-3-FS im Vergleich zu Butterfett wurde zum Beispiel in einer randomisierten kontrollierten Studie bei adipösen Patienten ohne Diabetes gezeigt (n=55) (Itariu BK et al. Am J Clin Nutr 2012; 96: 1137–1149). In der Omega-3-Fettsäure-Gruppe war die Genexpression der meisten pro-entzündlichen Mediatoren im subkutanen Fettgewebe nach acht Wochen im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant verringert. Die Serumspiegel von Interleukin-6 und Triglyceriden ebenso. Anti-inflammatorische Eicosanoide waren unter Omega-3-Behandlung im analogen Mausmodell im subkutanen als auch im viszeralen Fettgewebe erhöht. Ebenfalls im Mausmodell wurde durch Omega-3-Fettsäuren auch eine Verbesserung der Insulinsensitivität beobachtet (Neuhofer A et al. Diabetes 2013; 62: 1945–1956.)
Omega-3-Index & kardiovaskuläre Ereignisse
Der Zusammenhang zwischen Serumspiegeln von Omega-3-Fettsäuren und kardiovaskulären Ereignissen wurde vielfach belegt. So wurde der Zusammenhang zwischen dem Spiegel von Omega-3-FS und verschiedenen Biomarkern mit dem kardiovaskulären Risiko in einer Analyse von 19 retrospektiven und prospektiven Studien aus 16 Ländern mit insgesamt fast 46.000 Teilnehmern ohne Vorgeschichte kardiovaskulärer Erkrankungen untersucht (Del Gobbo LC et al. JAMA 2017; 176: 1155–1166). Erfasst wurden ALA, EPA, DPA und DHA aus marinen beziehungsweise pflanzlichen Quellen. Insgesamt war das relative Risiko für koronare Herzkrankheit insgesamt, tödliche koronare Herzkrankheit und nicht tödlichem Myokardinfarkt bei allen Omega-3-Fettsäuren mit Werten zwischen 0,91 und 0,90 reduziert. Was EPA und DHA betrifft, so betrug die RRR für nicht tödlichen Myokardinfarkt in der obersten Quintile verglichen mit der untersten 0,71 (95% CI, 0,56 bis 0,90).
Aus Daten von 2.500 Teilnehmern der Framingham-Studie wurde der Zusammenhang zwischen dem Omega-3-Index und dem kardiovaskulären Risiko untersucht. (Harris WS et al. J Clin Lipid 2018; 12: 718–727). Als Omega-3-Index wird der anteilige Gehalt von EPA und DHA in Erythrozyten bezeichnet. Ein hoher Omega-3-Index war mit einem signifikant niedrigeren kardiovaskulären Risiko assoziiert. Die Gesamtsterblichkeit und das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen waren in der Quintile mit dem höchsten Omega-3-Index um 34 Prozent geringer als in derjenigen mit dem niedrigsten Omega-3-Index.
Omega-3-Fettsäuren als Supplement
Die Wirkung einer Supplementierung mit Fischölpräparaten bzw. Omega-3-Fettsäuren wurde vielfach untersucht, wobei die Ergebnisse bis heute kontroversiell sind.
Allerdings gehen die im Einzelnen widersprüchlichen Ergebnisse zum präventiven Effekt von Omega-3-Fettsäuren in Interventionsstudien auf verschiedene Parameter zurück, die oft nicht ausreichend kontrolliert sind (Siehe Tabelle 3). Dass der Eintritt positiver klinischer Wirkungen von Omega-3-Fettsäuren von Aufnahmedauer und Dosis abhängt geht zum Beispiel schon aus einer zusammenfassenden Analyse aus dem Jahr 2006 hervor (Mozaffarian D & Rimm EB. JAMA 2006; 296: 1885–1899).
Eine zusammenfassende Analyse aus dem Jahr 2011 von Metaanalysen randomisierter kontrollierter Studien und Beobachtungsstudien zur diätetischen oder supplementären Aufnahme von marinen Omega-3-FS zeigt jedenfalls (Mozoffarian JACC 2011, Folie 58). eine daraus resultierende Reduktion der Herz-Kreislauf-Mortalität insgesamt um 13 Prozent. Herz-Kreislauf-Erkrankungen waren um 17 Prozent und die koronare Mortalität um 37 Prozent reduziert.
Ein der kontroversiellen Studien ist die japanische JELIS-Studie (randomisiert, open-label), in der der Effekt einer Langzeitgabe von EPA hinsichtlich der Prävention der koronaren Herzkrankheit bei Patienten mit Hypercholesterinämie untersucht (Statin ± 1.800mg EPA) wurde. (Yokoyama M et al. Lancet 2007; 369: 1090–1098) An der Studie mit einem Beobachtungszeitraum von fünf Jahren haben mehr als 18.500 Patienten mit Gesamtcholesterinwerten ≥250mg/dL teilgenommen. Der primäre Endpunkt war kombiniert und umfasste plötzlichen Herztod, tödlichen und nicht tödlichen Myokardinfarkt, instabile Angina, Angioplastie/Stent, CABG). In der Primärprävention konnte kein signifikanter Effekt der EPA-Gabe festgestellt werden – es waren auch kaum Events aufgetreten. Dies kann auf den reichen Fischkonsum in Japan zurückgeführt werden. Auf die Gesamtpopulation bezogen wurde sehr wohl eine Risikoreduktion registriert, nämlich eine signifikante Verbesserung um 19 Prozent durch die EPA-Gabe.
Bei der placebo-kontrollierten randomisierten VITAL-Studie mit annähernd 26.000 Teilnehmern wurde die Effektivität von Vitamin D3 (2000IU/d) und Omega-3-FS (1g/d) in der Primärprävention von kardiovaskulären und Krebserkrankungen bei Männern über 50 und Frauen über 55 Jahren untersucht (Manson JE et al. NEJM 2019; 380: 23–32). Das mediane Follow-up der US-amerikanischen Studie betrug 5,3 Jahre. Primäre Endpunkte waren Myokardinfarkt, Schlaganfall und koronare Mortalität beziehungsweise eine Krebserkrankung. Zum primären Endpunkt konnte für die Gabe von 1g Omega-3-FS keine Verringerung der Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse festgestellt werden. Die Subgruppen-Analyse zeigt, dass auf Grund der geringen Dosierung ein Vorteil nur bei den Patienten zu verzeichnen ist, die einen niedrigeren Fischkonsum (≤1,5 Fischmahlzeiten pro Woche) aufwiesen.
In die britische randomisierte kontrollierte ASCEND-Studie wurden diagnostizierte Diabetiker über 40 Jahren ohne kardiovaskuläre Vorerkrankung aufgenommen, um die Wirksamkeit von Omega-3-FS zur Primärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen bei Diabetikern zu untersuchen. (The ASCEND Study Coll Group. NEJM 2018; 379: 1549–1550) Die 15.480 Teilnehmer erhielten entweder 1g EPA/DHA (46%/ 38%) oder Olivenöl pro Tag. Primärer Endpunkt war das Auftreten eines ersten schweren kardiovaskulären Events (Myokardinfarkt, Schlaganfall, TIA, vaskulärer Tod). Das median Follow-up betrug 7,4 Jahre. Auch hier wurde bei geringer Dosierung des Omega-3-Präparates kein signifikanter Unterschied im Auftreten nicht tödlicher kardiovaskulärer Ereignisse zwischen der Interventions- und der Placebo-Gruppe registriert. Bei beiden genannten Studien wurden die Plasma-Spiegel der Omega-3-Fettsäuren und ihre Veränderung durch die Therapie nicht untersucht.
In der US-amerikanischen REDUCE-IT-Studie wurden die klinischen Auswirkungen einer Triglycerid-Senkung durch einen hochdosierten EPA-Ethylester untersucht (Bhatt DL et al. NEJM 2019;380: 11–22 ) In die randomisierte placebokontrollierte Multicenter-Studie wurden Patienten mit kardiovaskulärer Erkrankung (Sekundärprävention) und Patienten mit Diabetes und anderen Risikofaktoren (Primärprävention), alle mit Statin-Vorbehandlung und Triglycerid-Werten zwischen 135 und 499mg/dl und LDL-C zwischen 41 und 100mg/dl, eingeschlossen. Die 8.179 Teilnehmer erhielten 2x pro Tag 2g EPA-Ethylester bzw. Steinöl als Placebo. Das mediane Follow-up betrug 4,9 Jahre.
Der primäre, kombinierte Endpunkt umfasste kardiovaskuläre Mortalität, nicht tödlicher Myokardinfarkt, koronare Revaskularisation oder instabile Angina. Die Gabe der Omega-3-FS führte zu einer relativen Risikoreduktion von 25 Prozent (HR 0,75; 95% CI 0,68 bis 0,83); NNT=21 über 5 Jahre). Als sekundärer Endpunkt wurden kardiovaskuläre Mortalität, nicht tödlicher Myokardinfarkt und nicht tödlicher Insult geführt. In diesem Fall erreichte die Omega-3-FS eine relative Risikoreduktion von 26 Prozent (HR 0,74; 95% CI 065 bis 0,83).
Die Studienergebnisse ähneln damit denen der JELIS Studie, die ebenfalls hochdosiert EPA einsetzte. Damit kann das kardiovaskuläre Risiko mit Omega-3-FS auch in der Sekundärprävention und unter Statintherapie signifikant gesenkt werden – eine adäquate Dosierung vorausgesetzt.
Univ.-Prof. Dr. Thomas Stulnig, Medizinische Universität Wien, Klinik für Innere Medizin III, Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel, Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien
Lecture Board:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Föger, LKH Bregenz, Innere Medizin und Intensivstation, Carl-Pedenz-Straße 2, 6900 Bregenz
Univ.-Prof. Dr. Helmut Brath, Gesundheitszentrum Wien Süd, Wienerbergstraße 13, 1100 Wien