20 Jahre jem – Ein Rückblick

Juli 2018

Wenn wir zurück­blicken und uns ansehen, welche ernäh­rungs­me­di­zi­nisch rele­vanten Themen uns die letzten 20 Jahre begleitet haben, gibt es solche, die von Anfang an Thema waren und bei denen es immer wieder neue Erkennt­nisse gibt. Und es gibt solche, die erst in den letzten Jahren inter­essant wurden und an Bedeutung gewonnen haben.

Diabetes

Studien zur Ernährung bei Dia­betes mel­litus sind sehr zahl­reich und haben uns während der gesamten 20 Jahre begleitet. Die Emp­feh­lungen haben sich im Laufe der Zeit stark geändert: von „kohlenhydratarm/​fettreich“ hin zu „gesunder Ernährung“ mit einer Anpassung der Koh­len­hy­drate auf 40 bis 50% der Energie und Fette auf ca. 30% der Energie.

Adipositas

Die Epi­de­mio­logie der Adi­po­sitas, konkret die dra­ma­tische Zunahme in den letzten zwei Jahr­zehnten: laut WHO ist Adi­po­sitas die größte Bedrohung der Gesundheit im 21. Jahr­hundert. Die Ergeb­nisse the­ra­peu­ti­scher Ansätze sind ins­gesamt sehr bescheiden. For­schungen auf dem Gebiet der Prä­vention sind erst in den Kin­der­schuhen und über­fällig. Diese werden von der WHO vehement gefordert.

Bariatrische Chirurgie

Es gibt einen deut­lichen Trend in Richtung baria­trische Chir­urgie. Neu seit ca. zehn Jahren: auch bei Jugend­lichen ist die baria­trische Chir­urgie zu einem „Routine-​Eingriff“ geworden und es werden laufend neue OP-​Techniken ent­wi­ckelt wie z.B. die EndoBarrier-​Methode. Als Problem hat sich die Nach­be­handlung und dabei ins­be­sondere die Ver­meidung von Nähr­stoff­de­fi­ziten herausgestellt.

Krebs

Die Ernäh­rungs­the­rapie bei Krebs ist ein relativ „neues“ Thema. Eine spe­zi­fische Ernährung bei Krebs gibt es nicht, wesentlich ist jedoch, dass eine Man­gel­er­nährung mit schlechtem Outcome ver­bunden ist und daher ver­mieden werden sollte. Die Dia­gnostik der Mal­nu­trition ist für die Klinik ein „Muss“.

Reizdarm

Die Erfor­schung des Reiz­darm­syn­droms hat in den letzten Jahren keinen the­ra­peu­ti­schen Durch­bruch gebracht. Neue Diät­formen wie z.B. die soge­nannten „FODMAPs“, also die Reduktion fer­men­tier­barer Oli­gos­ac­charide, Dis­ac­charide, Monosac­charide und Polyole, werden in den letzten Jahren in diesem Zusam­menhang immer wieder mit Erfolg ange­wendet. Der Psyche kommt eben­falls große Bedeutung zu.

Pro- und Präbiotik

Wis­sen­schaft­liche Unter­su­chungen zu Pro- und Prä­biotika haben uns während der letzten 20 Jahre von Anfang an begleitet. Das Darm-​Mikrobiom ist in weiten Teilen nach wie vor ein wohl­ge­hü­tetes „Geheimnis“. Die For­schung zeigt jedoch völlig neue und viel­ver­spre­chende Aspekte für die Zukunft auf.

Malabsorptionen/​Allergien/​Unverträglichkeiten

Nahrungsmittel-​Malabsorptionen sind schon sehr lange im Gespräch, die Bedeutung von Nah­rungs­mit­tel­all­ergien hin­gegen hat erst in den letzten Jahren deutlich zuge­nommen. Vielfach werden diese Begriffe aller­dings ver­mischt; gefühlte „Unver­träg­lich­keiten“ werden häufig als dia­gnos­ti­ziert dargestellt.

Fette

Bei den Fetten ist man sich der güns­tigen Effekte von Omega-​3-​Fettsäuren schon länger bewusst. Diese waren in den letzten 20 Jahren immer wieder Teil wis­sen­schaft­licher Studien. Die Erfor­schung von Trans­fett­säuren hin­gegen hat in Öster­reich erst in den letzten fünf bis zehn Jahren an Bedeutung gewonnen. Daten über den Effekt der gesetz­lichen Reduktion sind leider nicht vorhanden.

Mikronährstoffe

Mikro­nähr­stoffe werden schon sehr lange erforscht. In den letzten Jahren beschäf­tigten sich Studien auch immer mehr mit einer mög­lichen Über- oder Unter­ver­sorgung. Klar ist, dass gesunde Men­schen, die sich „gesund“ ernähren, keine Sup­ple­mente benö­tigen. Dies trifft für Sub­gruppen wie zum Bei­spiel Kranke, nach Ope­ra­tionen oder bei Che­mo­the­rapie nicht zu.

Zucker

Zucker wurde in den letzten Jahren immer wieder „ver­teufelt“. Für eine For­derung der Reduktion der Zucker­auf­nahme auf unter 10% der Gesamt­energie gibt es laut EFSA aller­dings keine Evidenz.

Nahrungsergänzungsmittel

Die Bedeutung von Nah­rungs­er­gän­zungs­mitteln hat in den letzten 20 Jahren stetig zuge­nommen. Während in der For­schung vor allem die mög­lichen posi­tiven Wir­kungen im Mit­tel­punkt stehen, gibt es seit ca. 2010 immer wieder auch Berichte über mög­liche negative Effekte einer Überversorgung.

Body Composition

Body Com­po­sition ist seit 2010 ein Top-​Thema der Ernäh­rungs­me­dizin. Der BMI rückt immer mehr in den Hin­ter­grund. Die besten Infor­ma­tionen für viele Fra­ge­stel­lungen liefert die indi­vi­duelle Körperzusammensetzung.

Guidelines

Ernäh­rungs­emp­feh­lungen gibt es schon sehr lange, es werden auch laufend neue Gui­de­lines in ver­schie­denen Ländern her­aus­ge­bracht. Ab 2003 boomten soge­nannte „Ernäh­rungs­py­ra­miden“, diese haben sich aller­dings nicht bewährt. Heute geht das Interesse in Richtung „Gesunde Teller – Healthy Plate“, die sich ein­facher und ver­ständ­licher präsentieren.

Alternative Ernährungsformen

Alter­native Ernäh­rungs­formen und populäre Diäten haben in der Ernäh­rungs­me­dizin in den letzten 20 Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Ursprünglich boomten „Low-​Carb-“ und „Low-Fat-“Diäten. Beide sind inzwi­schen obsolet. Heute sind zum Bei­spiel „10in2 – Alter­nie­rendes Fasten“ und Vegane Ernährung im Trend. Bei letz­teren sind Nähr­stoff­de­fizite zu erwarten.

Aktuelle Ernährungstrends

Aktuelle Ernäh­rungs­trends betreffen unter anderem „Super­foods“, Insekten und eine pflanzlich-​betonte Kost.

OEAIE 2018 Fallmann K., Widhalm K.