Modifikation des Ernährungsverhaltens

Juli 2017

Unter­su­chungen ergaben, dass jeder Mensch in etwa 240-​mal am Tag eine ernäh­rungs­be­zogene Ent­scheidung trifft. Dabei wird unser Ernäh­rungs­ver­halten von vielen Fak­toren beein­flusst – einer dieser Fak­toren ist der Lebens­mit­tel­handel, der die Kon­su­menten lenkt und mit seiner über­großen Pro­dukt­vielfalt maß­geblich auf deren Kauf­ent­schei­dungen Ein­fluss nimmt. Von Diä­to­lo­ginnen und Diä­to­logen durch­ge­führte Ein­kaufs­trai­nings sind ein effek­tives Mittel, um das Ernäh­rungs­wissen und das „bewusste“ Ein­kaufen der Bevöl­kerung zu fördern und somit einen Beitrag zu leisten, das Ernäh­rungs­ver­halten positiv zu verändern.

Lucia Kirch­gasser, Irene Undeutsch, Eli­sabeth Farmer, Marianne Tammegger

Das Grund­be­dürfnis zu essen, beschäftigt uns tag­täglich aufs Neue. Unter­su­chungen von Wansink & Sobal (2007) ergaben, dass jeder Mensch in etwa 240-​mal am Tag eine ernäh­rungs­be­zogene Ent­scheidung trifft. Unser Ernäh­rungs­ver­halten stellt sich als sehr komplex dar und wird von vielen Fak­toren beein­flusst (Renner, 2015). Einige Fak­toren, die eine bewusste Ein­kaufs­ent­scheidung positiv fördern sind in Tabelle 1 auf­ge­listet. Einer dieser Fak­toren ist der Lebens­mit­tel­handel, der die Kon­su­menten lenkt und mit seiner über­großen Pro­dukt­vielfalt maß­geblich auf deren Kauf­ent­schei­dungen Ein­fluss nimmt. Von Diä­to­lo­ginnen und Diä­to­logen durch­ge­führte Ein­kaufs­trai­nings sind ein effek­tives Mittel, um das Ernäh­rungs­wissen und das „bewusste“ Ein­kaufen der Bevöl­kerung zu fördern und somit einen Beitrag zu leisten, das Ernäh­rungs­ver­halten positiv zu ver­ändern (Sadler et al.). Ein­kaufs­trai­nings werden bereits als Ergänzung zu Ernäh­rungs­be­ra­tungen von Diä­to­lo­ginnen und Diä­to­logen durch­ge­führt. Bisher gibt es jedoch keine ein­heit­liche Infor­ma­ti­ons­grundlage, die einen Über­blick über die zu ver­mit­telnden Inhalte bietet. Die The­matik wurde im Zuge dieser Arbeit auf­ge­griffen, um den Berufs­alltag und die Rea­li­sierung von Ein­kaufs­trai­nings für die Berufs­gruppe zu erleichtern. Hauptziel der Arbeit ist die Erstellung eines Leit­fadens zur Durch­führung von Ein­kaufs­trai­nings, der alle zu ver­mit­telnden Infor­ma­tionen enthält. Es werden Ernäh­rungs­emp­feh­lungen anschaulich mit Pro­dukt­bei­spielen ver­knüpft und zu einem über­sicht­lichen Weg­weiser durch den Super­markt zusammengeführt.

Methodik

Die ver­fasste Bache­lor­arbeit gliedert sich in zwei Teile. Der Lite­ra­turteil gibt einen Über­blick über die Viel­schich­tigkeit des Ernäh­rungs­ver­haltens und zeigt diverse Mög­lich­keiten der Ernäh­rungs­ver­hal­tens­mo­di­fi­kation auf. Es wurde eine Lite­ra­tur­re­cherche unter anderem in den Online Daten­banken „PubMed“ und „Google Scholar“ durch­ge­führt. Auf­nahme in die Arbeit fanden Studien, die Ein­kaufs­trai­nings als unter­stüt­zende Maß­nahme einer Ver­hal­tens­än­derung eva­lu­ieren. Um den tat­säch­lichen Ablauf von Ein­kaufs­trai­nings in der Praxis kennen zu lernen, wurden Inter­views mit Diä­to­lo­ginnen arran­giert. Im Zuge der Erar­beitung des Leit­fadens wurde eine Markt­re­cherche durch­ge­führt und aktuelle Ernäh­rungs­emp­feh­lungen der deutsch­spra­chigen Ernäh­rungs­ge­sell­schaften eingearbeitet.

Ergebnisse Literaturrecherche

Die Lite­ra­tur­re­cherche zeigt die ein­fluss­neh­menden Fak­toren auf das Ernäh­rungs­ver­haltens auf und ver­deut­licht, dass Ein­kaufs­trai­nings eine aus­sichts­reiche Inter­vention im Bereich der Ernäh­rungs­ver­hal­tens­mo­di­fi­kation dar­stellen können. Die Ergeb­nisse der in der Arbeit ange­führten Studien prä­sen­tieren alle ein ähnlich posi­tives Bild. Teil­neh­me­rinnen und Teil­nehmer der durch­ge­führten Ein­kaufs­trai­nings berichten von Ände­rungen ihres Ernäh­rungs­ver­haltens und ihrer Ein­stellung und Ver­hal­tens­weise in Bezug auf eine gesunde Ernährung (Carson & Hedl, 1998). Pro­dukt­de­kla­ra­tionen können in Folge selbst­ständig inter­pre­tiert und Lebens­mittel somit besser beur­teilt werden (Reid et al., 1999). Weiters fällt die Umsetzung der Emp­feh­lungen bzw. der ange­strebten Ver­hal­tens­än­de­rungen vielen Teil­neh­me­rinnen und Teil­nehmern nach einer Ein­kaufs­schulung leichter (Sadler et al., 2003, Baic & Thompson, 2007). Auch Unter­su­chungen mit Stu­den­tinnen und Stu­denten ergaben, dass diese Art der Wis­sens­ver­mittlung ein sehr effek­tives Tool in der Ernäh­rungs­bildung dar­stellt (Kahn et al., 2003).

Der Leitfaden zur Durchführung von Einkaufstrainings

Das Ergebnis des zweiten Teiles der Bache­lor­arbeit, dem Leit­faden zur Durch­führung von Ein­kaufs­trai­nings, sieht fol­gen­der­maßen aus. Zu Beginn des Leit­fadens werden Grund­lagen der Lebens­mit­tel­kenn­zeichnung auf­ge­zeigt, bei­spiels­weise ver­pflich­tende Angaben auf ver­packten Lebens­mitteln, diverse Güte­siegel und die Kenn­zeichnung des Her­kunfts­landes. Im Anschluss darauf wurde der Leit­faden nach dem Vorbild der öster­rei­chi­schen Ernäh­rungs­py­ramide auf­gebaut und gliedert sich somit auf­steigend nach den ein­zelnen Lebens­mit­tel­gruppen, beginnend mit den Getränken. Zur bes­seren Ori­en­tierung für die Leser wurde jede Pro­dukt­gruppe nach fol­gendem Schema auf­gebaut: Am Anfang eines Kapitels finden sich die nähr­wert­be­zo­genen Beur­tei­lungs­kri­terien, es folgen nähr­wert­be­zogene Angaben laut „Health Claims“-Verordnung. Weiters enthält jedes Kapitel aktuelle Ernäh­rungs­emp­feh­lungen und Pro­dukt­bei­spiele zur jewei­ligen Lebens­mit­tel­gruppe. Am Ende jeder Pro­dukt­gruppe sind ein fach­kun­diges Fazit sowie ein Tages­bei­spiel ange­führt, welche die Vor­teile einer gesund­heits­be­wussten Kon­sum­entscheidung für Kli­en­tinnen und Kli­enten ver­deut­lichen. Abschließend wurden in den Leit­faden noch prak­tische Tipps und Hin­weise für den Einkauf, die Lagerung und die Lebens­mit­tel­ver­wertung ein­ge­ar­beitet sowie aktuell ver­fügbare Apps ange­führt, die den täg­lichen Einkauf erleichtern sollen.

Diskussion und Schlussfolgerung

Die Stu­di­en­ergeb­nisse sowie Erfah­rungs­werte aus der Praxis beur­teilen Ein­kaufs­trai­nings als sehr effektiv. Der erstellte Leit­faden beinhaltet die not­wen­digen Infor­ma­tionen, die im Zuge einer Ein­kaufs­schulung ver­mittelt werden sollten. Jede Diä­to­login und jeder Diä­tologe kann sich bei der Erstellung eines Kon­zepts an diesem Leit­faden ori­en­tieren und Inhalte ent­nehmen, es jedoch immer noch den indi­vi­du­ellen Bedürf­nissen seiner Klientinnen/​Klienten bzw. Patientinnen/​Patienten anpassen. Damit stellt der Leit­faden eine Erleich­terung des Arbeits­alltags für Diä­to­lo­ginnen und Diä­to­logen dar. In die Zukunft bli­ckend wäre die gra­fische Wei­ter­ent­wicklung des Leit­fadens zum voll­stän­digen Konzept für die Praxis der nächste wün­schens­werte Schritt.

Kor­re­spondenz:

FH Gesund­heits­berufe OÖ, Stu­di­engang Diä­to­logie, Lucia Kirch­gasser, BSc, E‑Mail: 1310658004@stud.fhgooe.ac.at, Irene Undeutsch, BSc, E‑Mail: 1310658016@stud.fhgooe.ac.at

Lite­ratur:

Baic S., Thompson J. (2007) Prevent it: Using Grocery Store Tours as an Edu­ca­tional Tool to Promote Heart Health. ACSM’S Health and Fitness Journal, 11, S. 15–20

Carson J., Hedl J. (1998) Smart Shoppers Tours: Outcome Eva­luation. Journal for Nut­rition Edu­cation, 30, S. 323–331

Kahn R., O’Sul­livan P., Vannatta P. (2003) Super­market Tour: The Effekt of Pre­sen­tation Mode on Nut­rition Knwo­ledge and Atti­tudes. Family Medicine, 35, S. 721–725

Reid V., Molamphy F., O’Sul­livan N. (1999) Shopping tours for cardiac patients. Coronary Health Care, 3, S. 189–191

Renner B. (2015) Ernäh­rungs­ver­halten 2.0. Ernäh­rungs Umschau, 1, S. 37–46

Sadler M., Fine G., Richards S., Read L. (2003) Healthy Heart Store Tours – a useful­com­mu­ni­cation tool?. Nut­rition Bul­letin, 28, S. 179–186

Wansink B., Sobal J. (2006) Envi­ron­mental Per­suaders and the 200 Daily Food Decisions. Envi­ronment and Beha­viour, S. 1–21