Lucia Kirchgasser, Irene Undeutsch, Elisabeth Farmer, Marianne Tammegger
Das Grundbedürfnis zu essen, beschäftigt uns tagtäglich aufs Neue. Untersuchungen von Wansink & Sobal (2007) ergaben, dass jeder Mensch in etwa 240-mal am Tag eine ernährungsbezogene Entscheidung trifft. Unser Ernährungsverhalten stellt sich als sehr komplex dar und wird von vielen Faktoren beeinflusst (Renner, 2015). Einige Faktoren, die eine bewusste Einkaufsentscheidung positiv fördern sind in Tabelle 1 aufgelistet. Einer dieser Faktoren ist der Lebensmittelhandel, der die Konsumenten lenkt und mit seiner übergroßen Produktvielfalt maßgeblich auf deren Kaufentscheidungen Einfluss nimmt. Von Diätologinnen und Diätologen durchgeführte Einkaufstrainings sind ein effektives Mittel, um das Ernährungswissen und das „bewusste“ Einkaufen der Bevölkerung zu fördern und somit einen Beitrag zu leisten, das Ernährungsverhalten positiv zu verändern (Sadler et al.). Einkaufstrainings werden bereits als Ergänzung zu Ernährungsberatungen von Diätologinnen und Diätologen durchgeführt. Bisher gibt es jedoch keine einheitliche Informationsgrundlage, die einen Überblick über die zu vermittelnden Inhalte bietet. Die Thematik wurde im Zuge dieser Arbeit aufgegriffen, um den Berufsalltag und die Realisierung von Einkaufstrainings für die Berufsgruppe zu erleichtern. Hauptziel der Arbeit ist die Erstellung eines Leitfadens zur Durchführung von Einkaufstrainings, der alle zu vermittelnden Informationen enthält. Es werden Ernährungsempfehlungen anschaulich mit Produktbeispielen verknüpft und zu einem übersichtlichen Wegweiser durch den Supermarkt zusammengeführt.
Methodik
Die verfasste Bachelorarbeit gliedert sich in zwei Teile. Der Literaturteil gibt einen Überblick über die Vielschichtigkeit des Ernährungsverhaltens und zeigt diverse Möglichkeiten der Ernährungsverhaltensmodifikation auf. Es wurde eine Literaturrecherche unter anderem in den Online Datenbanken „PubMed“ und „Google Scholar“ durchgeführt. Aufnahme in die Arbeit fanden Studien, die Einkaufstrainings als unterstützende Maßnahme einer Verhaltensänderung evaluieren. Um den tatsächlichen Ablauf von Einkaufstrainings in der Praxis kennen zu lernen, wurden Interviews mit Diätologinnen arrangiert. Im Zuge der Erarbeitung des Leitfadens wurde eine Marktrecherche durchgeführt und aktuelle Ernährungsempfehlungen der deutschsprachigen Ernährungsgesellschaften eingearbeitet.
Ergebnisse Literaturrecherche
Die Literaturrecherche zeigt die einflussnehmenden Faktoren auf das Ernährungsverhaltens auf und verdeutlicht, dass Einkaufstrainings eine aussichtsreiche Intervention im Bereich der Ernährungsverhaltensmodifikation darstellen können. Die Ergebnisse der in der Arbeit angeführten Studien präsentieren alle ein ähnlich positives Bild. Teilnehmerinnen und Teilnehmer der durchgeführten Einkaufstrainings berichten von Änderungen ihres Ernährungsverhaltens und ihrer Einstellung und Verhaltensweise in Bezug auf eine gesunde Ernährung (Carson & Hedl, 1998). Produktdeklarationen können in Folge selbstständig interpretiert und Lebensmittel somit besser beurteilt werden (Reid et al., 1999). Weiters fällt die Umsetzung der Empfehlungen bzw. der angestrebten Verhaltensänderungen vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern nach einer Einkaufsschulung leichter (Sadler et al., 2003, Baic & Thompson, 2007). Auch Untersuchungen mit Studentinnen und Studenten ergaben, dass diese Art der Wissensvermittlung ein sehr effektives Tool in der Ernährungsbildung darstellt (Kahn et al., 2003).
Der Leitfaden zur Durchführung von Einkaufstrainings
Das Ergebnis des zweiten Teiles der Bachelorarbeit, dem Leitfaden zur Durchführung von Einkaufstrainings, sieht folgendermaßen aus. Zu Beginn des Leitfadens werden Grundlagen der Lebensmittelkennzeichnung aufgezeigt, beispielsweise verpflichtende Angaben auf verpackten Lebensmitteln, diverse Gütesiegel und die Kennzeichnung des Herkunftslandes. Im Anschluss darauf wurde der Leitfaden nach dem Vorbild der österreichischen Ernährungspyramide aufgebaut und gliedert sich somit aufsteigend nach den einzelnen Lebensmittelgruppen, beginnend mit den Getränken. Zur besseren Orientierung für die Leser wurde jede Produktgruppe nach folgendem Schema aufgebaut: Am Anfang eines Kapitels finden sich die nährwertbezogenen Beurteilungskriterien, es folgen nährwertbezogene Angaben laut „Health Claims“-Verordnung. Weiters enthält jedes Kapitel aktuelle Ernährungsempfehlungen und Produktbeispiele zur jeweiligen Lebensmittelgruppe. Am Ende jeder Produktgruppe sind ein fachkundiges Fazit sowie ein Tagesbeispiel angeführt, welche die Vorteile einer gesundheitsbewussten Konsumentscheidung für Klientinnen und Klienten verdeutlichen. Abschließend wurden in den Leitfaden noch praktische Tipps und Hinweise für den Einkauf, die Lagerung und die Lebensmittelverwertung eingearbeitet sowie aktuell verfügbare Apps angeführt, die den täglichen Einkauf erleichtern sollen.
Diskussion und Schlussfolgerung
Die Studienergebnisse sowie Erfahrungswerte aus der Praxis beurteilen Einkaufstrainings als sehr effektiv. Der erstellte Leitfaden beinhaltet die notwendigen Informationen, die im Zuge einer Einkaufsschulung vermittelt werden sollten. Jede Diätologin und jeder Diätologe kann sich bei der Erstellung eines Konzepts an diesem Leitfaden orientieren und Inhalte entnehmen, es jedoch immer noch den individuellen Bedürfnissen seiner Klientinnen/Klienten bzw. Patientinnen/Patienten anpassen. Damit stellt der Leitfaden eine Erleichterung des Arbeitsalltags für Diätologinnen und Diätologen dar. In die Zukunft blickend wäre die grafische Weiterentwicklung des Leitfadens zum vollständigen Konzept für die Praxis der nächste wünschenswerte Schritt.
Korrespondenz:
FH Gesundheitsberufe OÖ, Studiengang Diätologie, Lucia Kirchgasser, BSc, E‑Mail: 1310658004@stud.fhgooe.ac.at, Irene Undeutsch, BSc, E‑Mail: 1310658016@stud.fhgooe.ac.at
Literatur:
Baic S., Thompson J. (2007) Prevent it: Using Grocery Store Tours as an Educational Tool to Promote Heart Health. ACSM’S Health and Fitness Journal, 11, S. 15–20
Carson J., Hedl J. (1998) Smart Shoppers Tours: Outcome Evaluation. Journal for Nutrition Education, 30, S. 323–331
Kahn R., O’Sullivan P., Vannatta P. (2003) Supermarket Tour: The Effekt of Presentation Mode on Nutrition Knwoledge and Attitudes. Family Medicine, 35, S. 721–725
Reid V., Molamphy F., O’Sullivan N. (1999) Shopping tours for cardiac patients. Coronary Health Care, 3, S. 189–191
Renner B. (2015) Ernährungsverhalten 2.0. Ernährungs Umschau, 1, S. 37–46
Sadler M., Fine G., Richards S., Read L. (2003) Healthy Heart Store Tours – a usefulcommunication tool?. Nutrition Bulletin, 28, S. 179–186
Wansink B., Sobal J. (2006) Environmental Persuaders and the 200 Daily Food Decisions. Environment and Behaviour, S. 1–21