Kinder, Jugendliche, Süßigkeiten & Übergewicht

Juli 2017

Adipositas im Kindes- und Jugendalter ist ein zunehmendes und dramatisches Gesundheitsproblem und erhöht das Risiko für Adipositas und Folgeerkrankungen im Erwachsenenalter. Die Entstehung von Adipositas wird vor allem durch den Lebensstil, durch Ernährung und Bewegung beeinflusst.

Zucker ist ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung. Der mögliche Zusammenhang zwischen Zu­ckerkonsum und der Entstehung von Übergewicht und Adipositas wurde bisher auch schon vielfältig untersucht. So zeigte sich zum Beispiel, dass ein hoher Konsum von zuckerhaltigen Getränken eine Gewichts­zunahme begünstigen kann. Weniger Untersuchungen gibt es in diesem Zusammenhang hinsichtlich der Auswirkungen einer hohen Aufnahme von Süßigkeiten und Schokolade. Vor allem Schokolade enthält neben Zucker auch sehr viel Fett. Daneben werden den im Kakao enthaltenen Flavonoiden auch positive gesundheitliche Wirkungen zugeschrieben, zum Beispiel eine Senkung des CVD-Risikos.

Ziel der vorliegenden Studie war die Untersuchung der Hypothese, ob eine hohe Aufnahme von Sü­ßigkeiten zu einem hohen Risiko für Übergewicht, Adipositas und Adipositas-assoziierte Begleiter­krankungen führen kann.

Studiendesign

Über eine Literatur-Recherche wurden passende Studien gesucht. Insgesamt wurden 11 Studien mit 170.260 Probanden für die Meta-Analyse herangezogen. Es wurde untersucht, ob der Konsum von Süßigkeiten mit der Entstehung von Übergewicht und Adipositas assoziiert ist. Charakteristika der 11 Studien:

  • Herkunft: 6 europäische Studien, 3 aus dem mittleren Osten, 1 US-Studie und 1 Studie mit Unter­suchungen in 34 Ländern.
  • Geschlecht: 10 Studien beide Geschlechter, 1 Studie nur Buben.
  • Alter: zwischen 2 und 18 Jahren.
  • Süßigkeiten: 3 Studien nur Schokolade, in den anderen alle Arten von Süßigkeiten.
  • Ernährungserhebung: FFQs in 6 Studien, andere Fragebögen in 3 Studien, Ernährungstagebuch in einer Studie, 24-Stunden-Recall in einer Studie.

Ergebnisse

Überaschenderweise kam die vorliegende Review und Meta-Analyse zum Ergebnis, dass eine inverse Assoziation zwischen dem Konsum von Süßigkeiten und dem Risiko für Übergewicht und Adipositas besteht. Das heißt, Probanden, die angaben, mehr Süßigkeiten aufzunehmen, hatten generell eine geringere Wahrscheinlichkeit, an Übergewicht und Adipositas bzw. deren Begleiterkrankungen zu erkranken. Mögliche Erklärungen für diese inverse Assoziation können sein:

  • Direkte, kausale, inverse Assoziation in der Bevölkerung: Es wird angenommen, dass Menschen, die mehr Süßwaren und Zucker essen, gleichzeitig weniger Fett zu sich nehmen. Sie nehmen daher weni­ger an Gewicht zu, da Zucker weniger Energie liefert als Fett.
  • Süßigkeiten machen nur einen kleinen Aspekt der gesamten Ernährung aus. In Amerika beispiels­weise 2,8% der Gesamtenergie und 6,8% der Gesamtzuckeraufnahme. Süße Getränke hingegen machen 31,8% der Gesamtzuckeraufnahme aus.
  • Under-Reporting durch Selbstausfüllen von Fragebögen. Die Studienteilnehmer könnten im Fragebo­gen eine geringere Aufnahme von Süßigkeiten angegeben haben, als tatsächlich der Fall war.

Conclusio

Im Gegensatz zu der häufig kolportierten Meinung, dass ein erhöhter Konsum von Zucker und zu­ckerhaltigen Produkten die Entstehung von Übergewicht beeinflusst, zeigt die vorliegende Studie keine Evidenz einer positiven Assoziation zwischen der Aufnahme von Süßigkeiten und der Entste­hung von Übergewicht, Adipositas und assoziierten Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Im Gegenteil: die Studie kam zum Ergebnis, dass Süßigkeiten bei hoher Zufuhr zwar zahlreiche nega­tive gesundheitliche Auswirkungen bei Kindern und Jugendlichen haben können, dabei aber keinen entscheidenden Einfluss auf die Entstehung von Übergewicht und Adipositas haben. Andere Faktoren der Ernährung haben einen wesentlich deutlicheren Einfluss in diesem Zusammenhang.

ÖAIE 2017; Gatternig K, Widhalm K