Poeppelmeyer , C; Barotanyi, T; Strukul, M; Löffler, M; Schaber, A; Widhalm, K
Die steigende Zahl an Übergewichtigen und Adipösen in allen Altersklassen in Österreich und europaweit ist ein wachsendes Problem. Daten der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr 2010 verdeutlichen einen Anteil von 57% übergewichtigen Männern und 51% übergewichtigen Frauen1 in Österreich. Prognosen von WHO-Experten sagen darüber hinaus einen weiteren, enormen Anstieg der Prävalenz von Übergewicht und Fettleibigkeit in fast allen europäischen Ländern bis zum Jahr 2030 voraus.
Bereits im Kindes- und Jugendalter sind Übergewicht und Adipositas ernstzunehmende Probleme in Österreich. Daten der HELENA-Studie verdeutlichen einen Anteil von 23% übergewichtigen Heranwachsenden in Wien2. Diese Zahlen gleichen sich mit Daten aus der EDDY-Studie bei Wiener Jugendlichen im Alter von 11 bis 14 Jahren (24% Übergewichtige)3. Im Rahmen des EDDY-Young-Projektes erhobene Daten von 183 Wiener SchülerInnen im Alter von 6 bis 10 Jahren verdeutlichen sogar einen Anteil von 39,7% Übergewichtigen und Adipösen in dieser Altersklasse4.
Die WHO fordert im Rahmen des Gesundheit-2020-Konzeptes der Europäischen Region für Gesundheit und Wohlbefinden eine Stagnation der Übergewichts- und Adipositasprävalenz, insbesondere im Kindes- und Jugendalter, bis zum Jahr 20205. Aus diesem Grund ist es unter anderem notwendig, wirksame Konzepte und Interventionen zur Ernährungsaufklärung der österreichischen Bevölkerung zu etablieren. In Kooperation mit Diätiologinnen der Privatklinik Rudolfinerhaus Wien und Koch Andreas Schaber, einem ehemaligem Sous-Chef eines vegetarischen Wiener Haubenrestaurants, hat das Österreichische Akademische Institut für Ernährungsmedizin auf Basis evaluierter ernährungsmedizinischer Kriterien konkrete Rezeptvorschläge für gesunde Mahlzeiten entwickelt, welche hinsichtlich ihres Energiegehaltes bevölkerungsrepräsentativ an das Bewegungs- und Essverhalten verschiedener Altersklassen angepasst wurden. Dabei wurde berücksichtigt, dass der individuelle Energiebedarf in jeder Altersklasse von Körpergröße, Körpergewicht und -komposition sowie dem Bewegungsverhalten abhängig ist und eine große Spannweite aufweist.
Als Grundlage für die Ausarbeitung der gesunden Rezepte dienten die Ernährungsrichtlinien von Dariush Mozaffarian, die auf evidenten Erkenntnissen über die Metabolisierung von Lebensmitteln im Körper sowie deren Wirkung auf den Körper – insbesondere im Hinblick auf die Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen, Übergewicht und Diabetes mellitus – basieren. Folgende Kriterien wurden dabei als wesentlich identifiziert und in der Erarbeitung der Empfehlungen berücksichtigt:
- Die Bedeutung der Berücksichtigung der gesamten Vielfalt ernährungsabhängiger metabolischer Risikofaktoren und nicht die reine Fokussierung auf einzelne Faktoren wie Blutfettwerte oder Übergewicht;
- Die Betrachtung von übergeordneten Ernährungsmustern und Lebensmitteln allgemein anstelle einer isolierten Analyse von einzelnen Nährstoffen;
- Die Berücksichtigung der komplexen Einflüsse von verschiedenen Lebensmitteln auf die langfristige Gewichtsregulierung anstatt eines „einfachen Kalorien-Zählens“;
- Die Formulierung und Umsetzung evidenzbasierter Strategien (einschließlich politischer Ansätze) zur Veränderung des Lebensstils.
Woraus sich die folgenden Empfehlungen ergaben:
- Häufiger Konsum von Früchten, (nicht stärkehaltigem) Gemüse, Nüssen, Hülsenfrüchten, Fisch, pflanzlichen Ölen, Joghurt und minimal verarbeiteten Vollkornprodukten.
- Seltener Konsum von rotem Fleisch, verarbeitetem (z.B. natriumhaltigem) Fleisch und Nahrungsmitteln, die reich an raffiniertem Getreide, Stärke, zugesetzten Zuckern, Salz und Trans-Fetten sind.
Der individuelle Bedarf scheint dabei stärker von nicht-genetischen Merkmalen (z.B. körperliche Aktivität, abdominale Adiposität, Geschlecht, sozioökonomischer Status, Kultur) als von genetische Faktoren abzuhängen. Die richtige Nahrungsmittelwahl sollte durch Maßnahmen zur Verhaltensänderung sowie Schulen und Arbeitsplätze, das soziale Umfeld und das Lebensmittelsystem unterstützt werden. Dabei sind vor allem Reformen im Gesundheitssystem, neue Technologien und solide Politikstrategien, die auf ökonomische Anreize setzen, notwendig 6.
Auf Basis dieser Ernährungsguidelines wurden die unterhalb stehenden konkreten Speisenvorschläge für die Altersklassen
- Jugendliche,
- Erwachsene mit hoher körperlicher Aktivität,
- Erwachsene mit wenig körperlicher Aktivität sowie
- Seniorinnen und Senioren
ausgearbeitet. Darüber hinaus wurde bei der Ausarbeitung der Rezeptvorschläge berücksichtigt, dass diese der österreichischen Kultur entsprechen und überwiegend mit regionalen, österreichischen Produkten zubereitet werden. Weitere Faktoren, die bei der Ausarbeitung berücksichtigt wurden, waren Kosteneffizienz, geringer Zeitaufwand und die Möglichkeit des Erwerbs der Zutaten in einem durchschnittlichen Lebensmittelgeschäft.
Die Rezepte für die angeführten Speisen sind auf der Homepage des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin www.oeaie.org abrufbar.
Frühstück
Avocadobrot mit Hummus und Tomate
Gartenkressebrot mit Kürbisaufstrich und pochiertem Ei
Overnight Oats mit Früchten und Leinsamen
Mittagsgerichte
Hühnerspieße mit Einkorn-Tabouleh und Zitronenjoghurt
Gnocchi mit Kürbis, Apfel und Blattspinat
Hühner Saltimbocca mit Fenchel, Radieschensalat und Tomatenchutney
Abendessen
Kürbis Kartoffeleintopf mit Shiitake Pilzen und Majoran
Gebratene Topinambur mit Schnittlauchcreme, Birne und geräucherter Reinanke
Rote Rüben Salat mit Zitrusfrüchten, Rauke und Vollkornknusper
Gesundes Dessert für alle Altersklassen
Karottenkuchen mit Gewürzjoghurt und Walnuss
Poeppelmeyer , C; Barotanyi, T; Strukul, M; Löffler, M; Schaber, A; Widhalm, K; Österreichisches Akademisches Institut für Ernährungsmedizin, Alserstraße 14/4a, 1090 Wien; E-Mail: kwidhalm@gmx.at
Literatur
1WHO Regional Office for Europe
2Segna D, Widhalm H, Widhalm K. et al. Impact of mother tongue and gender on overweight, obesity and extreme obesity in 24,989 Viennese children/adolescents (2-16 years). Wien. Klin. Wochenschr. 2012
3Pöppelmeyer, C; Helk, O; Mehany, S; Hauer, R; Pachinger, O; Widhalm, K: Die Wiener Präventionsstudie EDDY- Erste Ergebnisse, Pädiatrie&Pädologie;2016:3
4 Widhalm,K; Pöppelmeyer C; Aden, J; Helk, O; Pachinger, O: Adipositas bei Kindern: Immer mehr, immer Jünger Basiserhebung, ÖÄZ; 2016:10
5 WHO: Gesundheit 2020 – Das Rahmenkonzept der Europäischen Region für Gesundheit und Wohlbefinden; WHO 2012
6 Dariush Mozaffarian: Dietary and Policy Priorities for Cardiovascular Diseases, Diabetes and Obesity, Circulation: 2016:133