Übergewicht bei Kindern: Intervention wirkt

November 2015

Nach zwei Jahren Stu­di­en­dauer liegen die ersten Zwi­schen­er­geb­nisse der EDDY-​Studie des Öster­rei­chi­schen Aka­de­mi­schen Institut für Ernäh­rungs­me­dizin (ÖAIE) vor. Daraus geht ein­deutig hervor, dass fun­dierte Inter­ven­tionen in Schulen das Ernäh­rungs­wissen und ‑ver­halten der Kinder ver­bessern können.

Ein Stu­di­enteam aus Medi­zinern, Psy­cho­logen, Ernährungs- und Sport­wis­sen­schaftern führte unter Leitung des ÖAIE über zwei Jahre hin­durch bei rund 90 elf- bis drei­zehn­jäh­rigen Schul­kindern wis­sen­schaftlich fun­dierte Maß­nahmen wie Ernäh­rungs­un­ter­richt, Sport­trai­nings und regel­mäßige medi­zi­nische Unter­su­chungen durch, um den Lebensstil dieser Kinder nach­haltig zu ver­bessern sowie die Fort­schritte zu doku­men­tieren und wis­sen­schaftlich aus­zu­werten. „Im Zuge dieser Maß­nahmen konnte das Ernäh­rungs­wissen der Kinder signi­fikant ver­bessert werden, ebenso ihr Ernäh­rungs­ver­halten“, sagt Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm, Prä­sident des ÖAIE und Leiter der EDDY-​Studie. „So ver­zehren diese Kinder nun auf­fallend weniger Süßig­keiten, Fast Food und gesüßte Limo­naden. Zudem schätzen sich über­ge­wichtige Kinder hin­sichtlich ihres Kör­per­bilds deutlich rea­lis­ti­scher ein als noch vor Beginn der Inter­ven­ti­ons­maß­nahmen.“ Die erho­benen medi­zi­ni­schen Daten werden aktuell noch ausgewertet.

„Die EDDY Studie zeigt, dass ein wis­sen­schaftlich fun­diertes Maß­nah­men­pro­gramm, das an Schulen durch­ge­führt wird, tat­sächlich den Lebensstil der Kinder und Jugend­lichen positiv beein­flussen kann“, betont Widhalm. „Durch eine flä­chen­de­ckende Umsetzung könnte nicht nur die Gesundheit unserer Kinder und künf­tigen Gene­ra­tionen nach­haltig ver­bessert werden, sondern der Staat würde sich lang­fristig auch Mil­li­arden an Behand­lungs­kosten ersparen, die durch Fol­ge­er­kran­kungen von Über­ge­wicht wie Dia­betes, Herz-​Kreislauf-​Erkrankungen oder Knorpel- und Kno­chen­schäden entstehen.“

Bis es zu einem flä­chen­de­ckenden Prä­ven­ti­ons­pro­gramm in allen öster­rei­chi­schen Schulen kommt, fordert das ÖAIE als ersten Schritt die Ein­führung von ver­pflich­tendem Ernäh­rungs­un­ter­richt durch ernäh­rungs­me­di­zi­nisch aus­ge­bildete Lehrer sowie die rasche Behebung der infra­struk­tu­rellen Mängel an den Schul­stand­orten zur sinn­vollen Umsetzung der täg­lichen Turn­stunde. Ebenso müssen die von den Schul­ärzten erho­benen Daten endlich zentral gesammelt und aus­ge­wertet werden, um eine seriöse Grundlage für wis­sen­schaftlich eva­lu­ierbare Pro­gramme zu schaffen.

Schulärzte brauchen „Upgrade“

„Besonders bemer­kenswert und höchst unbe­frie­digend ist die Situation der Schul­ärzte“, sagt Widhalm. „Einer­seits mussten unsere Medi­ziner 6 von 90 Schul­kindern als krankhaft über­ge­wichtig ein­stufen – seitens der Schul­ärzte erfolgten jedoch kei­nerlei Maß­nahmen. Aller­dings sind ihnen auf­grund der gesetzlich fest­ge­legten Auf­gaben weit­gehend die Hände gebunden, the­ra­peu­tische Maß­nahmen ein­zu­leiten; die Initiative dazu muss von den Eltern aus­gehen. Und ande­rer­seits erheben Schul­ärzte jährlich Daten über den Gesund­heits­zu­stand der Kinder wie z.B. Größe und Gewicht, die jedoch in irgend­welchen Schub­laden ver­stauben anstatt seriös aus­ge­wertet zu werden. Hier besteht akuter Hand­lungs­bedarf seitens der Schul­be­hörden: die erho­benen Gesund­heits­daten könnten extrem wichtige Infor­ma­tionen über not­wendige Maß­nahmen zur Ver­bes­serung des Gesund­heits­zu­standes, aber auch über den Effekt von vielfach ange­prie­senen Pro­grammen, die in keiner Weise eva­luiert werden, geben.“

Als Neben­befund zeigt die EDDY-​Studie auch Schat­ten­seiten unseres Schul­systems und der Schul­in­fra­struktur auf. So sind an manchen Wiener Schulen die Turnsäle zu klein, Mög­lich­keiten zur Bewegung im Freien fehlen und es gibt keine getrennten Umkleide- und Dusch­räume für Bur­schen und Mädchen. Hinzu kommt, dass teil­weise zu wenige aus­ge­bildete Sport­lehrer vor­handen sind und die Hälfte der Kinder zum Turn­un­ter­richt ohne Sport­be­kleidung erscheint.

EDDY-​Studie

Anlässlich der alar­mierend hohen Zahl an über­ge­wich­tigen Kindern – bis zu einem Viertel der öster­rei­chi­schen Kinder sind aktuell über­ge­wichtig, davon 6 Prozent adipös und rund 2 Prozent krankhaft fett­leibig – und der WHO-​Forderung, die Zahl der über­ge­wich­tigen Kinder bis 2020 um 10 Prozent zu senken, führte das Öster­rei­chische Aka­de­mische Institut für Ernäh­rungs­me­dizin (ÖAIE) auf Initiative des Öster­rei­chi­schen Herz­fonds und des öster­rei­chi­schen Lebens­mit­tel­händlers Hofer im Rahmen seiner Nach­hal­tig­keits­in­itiative „Projekt 2020“, in den ver­gan­genen beiden Schul­jahren an Wiener Schulen die Prä­ven­ti­ons­studie EDDY (Effect of sports and diet trai­nings to prevent obesity and secondary diseases and to influence young children’s life­style) durch, um wis­sen­schaftlich fun­dierte Grund­lagen für ein natio­nales Prä­ven­ti­ons­pro­gramm zu schaffen.

ÖAIE; Red.