Typ-​2-​Diabetes: Vorteile einer protein-​angereichten Diät in Kombination mit Omega-3-Fettsäuren

Dezember 2014

Ernährung spielt die zen­trale Rolle in der The­rapie des Typ-​2-​Diabetes. In einer Pilot­studie unter­suchten wir unter „Real-Life“-Bedingungen die Umsetz­barkeit und den gesund­heit­lichen Effekt einer Ernährung mit erhöhtem Pro­te­in­anteil bei gleich­zei­tiger Ein­nahme von lang­ket­tigen Omega-​3-​Fettsäuren auf die Glykämie bei Pati­enten mit Typ-​2-​Diabetes. Beson­deres Augenmerk lag auch auf dem Gewichts­verlauf bzw. dem Tail­len­umfang, sowie dem Ent­zün­dungs­marker C‑reaktives Protein. Bei allen genannten Para­metern konnten signi­fi­kante Ver­bes­se­rungen fest­ge­stellt werden.

Simone Höger2, Wolfgang Wald­schütz, Bianca Karla Itariu, Helmut Brath, Thomas Stulnig*

Als Kon­se­quenz der Adi­po­sitas Epi­demie hat sich Typ-​2-​Diabetes weltweit zu einem der größten Gesund­heits­pro­bleme ent­wi­ckelt (1). Darüber hinaus haben Pati­enten mit Typ-​2-​Diabetes auch ein dra­ma­tisch erhöhtes Risiko für Herz­in­farkte. Eine wichtige Grundlage für das meta­bo­lische und kar­dio­vas­kuläre Risiko sind Ent­zün­dungs­re­ak­tionen, die vor allem mit der Ent­wicklung der Adi­po­sitas ein­her­gehen (2, 3). Die durch Adi­po­sitas ver­ur­sachte, chro­nische, sub­kli­nische Ent­zündung nimmt ihren Ursprung im Fett­gewebe. Diese „stille“ Ent­zündung ver­läuft heim­tü­ckisch, da sie keine klas­si­schen Ent­zün­dungs­sym­ptome wie Schmerz oder Schwellung her­vorruft, lang­fristig gesehen aber zu Ver­än­de­rungen in Stoff­wechsel und Organen führt, welche zu chro­ni­schen Erkran­kungen wie Typ-​2-​Diabetes und Myo­kard­in­farkten führen. Kar­dio­vas­kuläre Prä­vention bei Diabetes-​Patienten sollte daher nicht nur auf die Stoff­wech­sel­ver­bes­serung beschränkt sein, sondern auch ent­zün­dungs­re­du­zie­rende Maß­nahmen umfassen.

Lebens­stil­mo­di­fi­kation ist bei Dia­betes die Pri­mär­the­rapie, um die Blut­zu­cker­ein­stellung zu ver­bessern. Bei Pati­enten mit Typ-​2-​Diabetes gibt es jedoch erheb­liche Dis­kus­sionen, ob die von den meisten Natio­nalen Leit­linien emp­foh­lenen 55 en% Koh­len­hy­drate wirklich ziel­führend sind. Einige eta­blierte Dia­be­tes­zentren, wie bspw. das Joslin Dia­betes Center in Boston, MA, emp­fehlen eine etwas geringere Kohlenhydrat- und dafür höhere Pro­te­in­zufuhr, um Über­ge­wicht und Adi­po­sitas zu redu­zieren (4).

Darüber hinaus könnte auch die Reduktion stiller Ent­zün­dungen das Risiko für die koronare Herz­krankheit senken. Bei lang­ket­tigen, mehrfach unge­sät­tigten Omega-​3-​Fettsäuren aus Fischölen, genauer der Eico­sapen­taen­säure (EPA) und der Doco­sa­he­xa­en­säure (DHA), wurden hoch­wirksame, anti-​entzündliche Effekte durch die Änderung der aus Fett­säuren her­ge­stellten Lipidmediatoren-​Produktion nach­ge­wiesen (5, 6). Diese lang­ket­tigen Omega-​3-​Fettsäuren senken in adäquater Dosierung signi­fikant die Serum-​Triglyzeride, ein wich­tiger Aspekt der dia­be­ti­schen Dys­li­pi­dämie. Darüber hinaus zeigt eine Reihe von Studien mit adäquater Power und Dosierung signi­fi­kante Reduk­tionen kar­dio­vas­ku­lärer End­punkte durch Omega-​3-​Fettsäuren (7). Lang­kettige Omega-​3-​Fettsäuren wären demnach eine gute Ergänzung in der Ernährung von Pati­enten mit Typ-2-Diabetes.

In dieser Beob­ach­tung­s­tudie unter­suchten wir als Pilot­studie die Umsetz­barkeit und die Effekte einer anti-​entzündlichen Ernährung auf die Dia­be­tes­ein­stellung und die Ent­zün­dungs­pa­ra­meter bei Pati­enten mit Typ-​2-​Diabetes (8). In einem Real-​Life-​Szenario wurden die Pati­enten ange­halten, eine protein-​angereicherte Diät samt Koh­len­hy­draten mit nied­rigem glyk­ämischem Index bei mode­rater Fett­zufuhr ein­zu­halten und zusätzlich als Nah­rungs­er­gänzung hoch­ge­r­ei­nigte Omega-​3-​Fettsäuren (EPA, DHA) einzunehmen.

Patienten und Methodik

Die Stu­di­en­po­pu­lation setzte sich aus über­ge­wich­tigen oder adi­pösen (BMI>25 kg/​m2) Typ-​2-​Diabetikern im Alter von 18 bis 75 Jahren zusammen, welche in Behandlung in der Diabetes-​Ambulanz des AKH Wien (All­ge­meines Kran­kenhaus Wien) oder des Gesund­heits­zen­trums der Wiener Gebiets­kran­ken­kasse Wien-​Süd waren. Alle Pati­enten erhielten in frü­heren Diabetes-​Beratungen Ernäh­rungs­emp­feh­lungen hin­sichtlich der all­gemein emp­foh­lenen Nähr­stoff­ver­teilung mit 50–55 en% Koh­len­hy­draten, 10–20 en% Eiweiß und max. 35 en% Fett und waren mit oralen Anti-​Diabetika und/​oder Insulin behandelt. Die anti­dia­be­tische Medi­kation der Stu­di­en­teil­nehmer durfte während der Studie nicht ver­ändert werden. Aus­schluss­kri­terien waren unter anderem eine Änderung der anti­dia­be­ti­schen Medi­kation innerhalb der letzten 2 Monate vor Beginn der Studie, eine akute Erkrankung innerhalb der letzten 2 Wochen, Hepa­titis oder eine andere Leber­er­krankung (außer Fett­leber), ernst­zu­neh­mende oder nicht behan­delte kar­dio­vas­kuläre, renale, oder pul­monale Erkran­kungen inklusive einer Makro­pro­te­inurie, Blu­tungs­neigung und Schwan­ger­schaft oder Stillzeit.

Alle Pati­enten erhielten eine per­sön­liche Ernäh­rungs­be­ratung über das ein­zu­hal­tende Ernäh­rungs­konzept mit einem Nähr­stoff­ver­hältnis von 40 en% Koh­len­hy­draten, 30 en% Eiweiß und 30 en% Fett. Zusätzlich sollten die Stu­di­en­teil­nehmer täglich 4 Kapseln Omega-​3-​Fettsäuren (EnerZONA Omega 3 RX; Enervit S.p.a., Mailand, Italien) mit 1,6 g EPA (Eico­sapen­taen­säure) und 0,8 g DHA (Doco­sa­he­xa­en­säure) ein­nehmen. Ein Star­ter­paket wurde den Pati­enten mit­ge­geben. Neben der Ernäh­rungs­um­stellung wurde jeder Teil­nehmer dazu ange­halten, Sport und kör­per­liche Betä­tigung nicht über das gewohnte Maß hinaus zu betreiben, um das Stu­di­en­ergebnis damit nicht zu verfälschen.

Die Studie dauerte ins­gesamt 6 Monate, wobei die Stu­di­en­teil­nehmer nach 3, 12 und 24 Wochen zu einer Kon­troll­un­ter­su­chung kamen. Bei der Kon­trolle nach 3 Wochen wurden teil­neh­mer­spe­zi­fische Fragen zum Ernäh­rungs­konzept besprochen, anthro­po­me­trische Daten (BMI, Hüft- und Tail­len­umfang, systo­li­scher und dia­sto­li­scher Blut­druck) und Infor­ma­tionen bzgl. der neuen Ess­ge­wohn­heiten erhoben. Zu Beginn der Studie, nach 12 und nach 24 Wochen wurden neben den anthro­po­me­tri­schen Daten auch Blut- und Urin­proben genommen und u.a. HbA1c, Nüch­tern­glykämie, Blut­ko­agu­lation und Albu­mi­nurie. Die Kör­per­zu­sam­men­setzung wurde mittels BIA-​Impedanz (BIA; Nut­ribox and Nut­riPlus Software, Data Input GmbH, Darm­stadt, Deutschland) ana­ly­siert. Der primäre Para­meter für die Wirk­samkeit der Inter­vention war die Ver­än­derung des HbA1c; sekundäre Wirk­sam­keits­pa­ra­meter stellten die Nüch­ternglukose, ultra­sen­si­tives C‑reaktives Protein (usCRP) als Maß für die Sys­te­mische Ent­zündung, Kör­per­ge­wicht, Tail­len­umfang und Körperfett-​Anteil dar.

Omega‑3 RX Supplementation und Compliance

Die Ernäh­rungs­ge­wohn­heiten vor Beginn der Studie wurden mittels eines 24-​Stunden-​Recalls ermittelt. Während der gesamten Stu­di­enzeit mussten die Stu­di­en­teil­nehmer an zumindest 3 Tagen der Woche ein aus­führ­liches Ernäh­rungs­pro­tokoll führen (2 Werktage, 1 Wochen­endtag). 24-​Stunden-​Recall und Ernäh­rungs­pro­to­kolle wurden mittels dem Deut­schen Bundes-​Lebensmittel-​Schlüssel (BLS III, PiuPrintex – Aconsoft) ana­ly­siert und die durch­schnitt­liche Nähr­stoff­ver­teilung errechnet. Alle 23 Stu­di­en­teil­nehmer absol­vierten die Kon­trolle nach 12-​Wochen, 19 Stu­di­en­teil­nehmer auch die 24-Wochen-Kontrolle.

Ergebnisse

Stu­di­en­po­pu­lation und anthro­po­me­trische Daten. Das Ziel dieser Studie war, den Effekt einer Beratung bzgl. einer protein-​angereicherten Ernährung mit nied­rigem glyk­ämischem Index mit gleich­zei­tiger Zufuhr lang­ket­tiger Omega-​3-​Fettsäuren auf die glyk­ämische Kon­trolle, das Gewicht, und Ent­zün­dungs­pa­ra­meter von über­ge­wich­tigen oder adi­pösen Pati­enten mit Typ-​2-​Diabetes innerhalb einer Real-​Life-​Situation zu eva­lu­ieren. Von ursprünglich 30 Pati­enten wurden nach dem Screening sieben aus­ge­schlossen. Auf­grund per­sön­licher Gründe ent­schieden sich 4 weitere Pati­enten die Studie nach der 12-​Wochen-​Kontrolle abzu­brechen. Die Geschlechts­ver­teilung war aus­ge­wogen (10 m/​13 f), das durch­schnitt­liche Alter lag bei 55,8 ± 11,7 Jahren mit einem BMI von 36,1 ± 7,4 kg/​m2(8). Die Nüchtern-​Glykämie lag bei 172 ± 42 mg/​dl, das HbA1c bei 7,9 ± 1,1 %, das sind 63 ± 11 mmol/​l (8).

Die durch­schnitt­liche Koh­len­hy­drat­zufuhr der Stu­di­en­teil­nehmer redu­zierte sich innerhalb der ersten 3 Wochen von anfänglich 44,2 en% zu 37,3 en% (P = 0,004, Tabelle 2). Die durch­schnitt­liche Pro­te­in­zufuhr von 17,0 en% erhöhte sich um ca. 9,2 ± 1,5 (Mit­telwert ± SD) en% (P < 0,001). Die Fett­zufuhr blieb prak­tisch unver­ändert (P = 0,309). Die durch­schnitt­liche Koh­len­hy­drat­zufuhr blieb auch bis zur 12-​Wochen-​Kontrollvisite sta­tis­tisch signi­fikant (-5,3 ± 1,8 en%; P = 0,007), erhöhte sich jedoch bis zur 24-​Wochen-​Abschlussvisite zu einer Durch­schnitts­zufuhr von 40,8 en% und verlor somit die sta­tis­tische Signi­fikanz (P = 0,150). Die Pro­te­in­zufuhr blieb jedoch über die gesamte Stu­di­en­dauer hinweg signi­fikant höher (22,3 ± 5,9 en% nach 12-​Wochen-​Visite und 22,8 ± 5,8 en% nach 24-​Wochen; alle P < 0,01; Tabelle 1). In den ersten Wochen der Studie wurde die Diät am genau­esten ein­ge­halten. Der Adherence-​Score sank innerhalb der Studie von durch­schnittlich 5,74 ± 1,74 nach den ersten drei Wochen auf 5,09 ± 2,29 (P = 0,147) und 4,26 ± 2,13 (P = 0,002) nach 12 bzw. 24 Wochen (8).

Die deut­lichste Reduktion der täg­lichen Kalo­rien­zufuhr war mit durch­schnittlich ‑687 ± 65 kcal bei der 3‑Wochen-​Visite zu ver­zeichnen. Die Kalo­rien­auf­nahme blieb über die gesamte Stu­di­en­laufzeit signi­fikant unter der Ener­gie­zufuhr vor Beginn der Studie (für alle P < 0,001).

Die Stu­di­en­teil­nehmer übten im Laufe der Studie deutlich weniger kör­per­liche Betä­tigung aus. Von durch­schnittlich 113 Minuten Bewegung pro Woche bei der Ein­gangs­un­ter­su­chung, waren es nach 12 Wochen noch 97 Minuten und nach 24 Wochen lediglich 39 Minuten pro Woche.

Der durch­schnitt­liche Gewichts­verlust betrug ‑1,48 ± 0,37 kg (P = 0,001) nach drei Wochen und ‑2,27 ± 0,66 kg (P = 0.002) nach 12 Wochen. Nach 24 Wochen war das Durch­schnitts­ge­wicht, aus­gehend von 105,26 ± 24,07 kg zu Beginn der Studie, auf 100,22 ± 20,83 kg gesunken, ver­fehlte aber gerade die sta­tis­tische Signi­fikanz (P = 0,07).

Ähnlich ver­hielt es sich mit dem BMI, welcher von 36,14 ± 7,41 kg/​m² bei der Ein­gangs­un­ter­su­chung auf 35,38 ± 7,62 kg/​m² nach 12 Wochen sank (P = 0.003). Der Unter­schied war nach 24 Wochen sta­tis­tisch gerade nicht mehr signi­fikant (P = 0,071). Bemer­kenswert ist jedoch, dass der Gewichts­verlust haupt­sächlich auf Kör­perfett zurück­zu­führen ist, welches sich von 37,46 ± 15,74 kg nach 12 Wochen auf 35,71 ± 16,25 kg (P = 0,005) und nach 24 Wochen auf 32,64 ± 10,94 kg (P = 0,182) verringerte.

Der Tail­len­umfang, ein wich­tiger Para­meter für kar­dio­me­ta­boles Risiko und stille Ent­zün­dungen, ver­rin­gerte sich von 116,04 ± 14,07 cm auf 114,85 ± 13,49 cm (P = 0,019) nach drei Wochen, auf 113,96 ± 14,44 cm (P = 0,001) nach 12 Wochen und 112,68 ± 13,42 cm (P = 0,049) nach 24 Wochen (8).

Stoff­wech­sellage. Durch die Ernährungs-​Intervention konnte der Pri­mär­pa­ra­meter HbA1c signi­fikant gesenkt werden. Aus­gehend von einem durch­schnitt­lichen HbA1c-​Wert von 7,94 ± 1,05 % zu Beginn der Studie, war er nach 12 Wochen auf durch­schnittlich 7,57 ± 1,32 % (P = 0,003) und nach 24 Wochen auf 7,24 ± 1,13 % (P = 0,001) gesunken.

Die Nüch­ternglukose sank von durch­schnittlich 171,96 ± 42,36 mg/​dl auf 164,57 ± 44,35 mg/​dl (P = 0,194) nach 12 Wochen und auf 142,68 ± 47,49 mg/​dl (P = 0,082) nach 24 Wochen, und ver­fehlte somit nur knapp sta­tis­tische Signifikanz .

Die Ernäh­rungs­in­ter­vention senkte außerdem die Serum-​Triglyzeride aus­gehend von durch­schnittlich 163,35 ± 73,58 mg/​dl, auf 134,17 ± 50,52 md/​dl nach 12 (P = 0,016, Tabelle 2) Wochen. Dieser Trend konnte bis zum Ende der Studie nach 24 Wochen beob­achtet werden (151,68 ± 79,89 mg/​dl, P = 0,181). Zusätzlich konnte bei der 12 Wochen­visite eine leichte Tendenz zu erhöhten HDL-​Cholesterin-​Werten fest­ge­stellt werden (47,39 ± 10,47 mg/​dl, P = 0,056).

Trotz der erhöhten Pro­te­in­zufuhr ver­än­derte sich der Albumin/​Kreatinin-​Quotient im Harn (UACR) nicht signi­fikant und das Serum-​Kreatinin sank am Ende der Studie sogar von 0,86 ± 0,18 mg/​dl auf 0,82 ± 0,17 mg/​dl (P = 0,018). Inter­es­san­ter­weise sank auch das usCRP, ein typi­scher Marker für sub­kli­nische Ent­zün­dungen, von durch­schnittlich 0,47 ± 0,68 mg/​dl zu Beginn der Studie auf 0,23 ± 0,22 mg/​dl (P = 0,039) nach 24 Wochen ab.

Dis­kussion. In dieser Pilot-​Studie unter­suchten wir, ob die Beratung von Pati­enten mit Typ-​2-​Diabetes bzgl. einer protein-​angereicherten Ernährung mit nied­rigem glyk­ämischem Index mit gleich­zei­tiger Zufuhr lang­ket­tiger Omega-​3-​Fettsäuren die glyk­ämische Kon­trolle, das Gewicht, und stille Ent­zün­dungen beein­flusst (8). Neben der Nähe zum kli­ni­schen Alltag ist eine weitere Stärke dieser Studie relativ lange Stu­di­en­dauer von 24 Wochen. Die meisten Ernäh­rungs­studien benö­tigen einen solch langen Zeitraum, um im Gewebe und bei sys­te­mi­schen Bio­markern wirk­liche Ver­än­de­rungen bewirken zu können. Die tat­sächlich umge­setzte Ernäh­rungs­än­derung bestand in einer leichten Pro­te­in­er­höhung und einer modi­fi­zierten Koh­len­hy­drat­auf­nahme. Die Fett­zufuhr blieb im Wesent­lichen – trotz einer vor Beginn der Studie schon sehr hohen Fett­auf­nahme – unverändert.

Ins­be­sondere der Pri­mär­pa­ra­meter, die Blut­zu­cker­ein­stellung gemessen am Lang­zeit­zu­ckerwert HbA1c, sank signi­fikant um 0,7 %, und das trotz der im kli­ni­schen Alltag begrenzten Ein­haltung der Diät seitens der Studienteilnehmer.

Im Hin­blick darauf, dass alle Stu­di­en­teil­nehmer in frü­heren Dia­be­ti­ker­schu­lungen außerhalb des Stu­di­en­set­tings bereits Ernäh­rungs­schu­lungen bezüglich einer Nähr­stoff­auf­nahme von 55 en% Koh­len­hy­draten hatten, brachte die protein-​angereicherte Diät eine signi­fi­kante Bes­serung der Blut­zu­cker­ein­stellung. Dies könnte auf den höheren Sät­ti­gungswert einer pro­te­in­er­höhten und nieder-​glykämischen Ernährung zurück­zu­führen sein (9).

Obwohl Diäten mit Omega-​3-​Fettsäuren aus­sa­ge­kräftige Ver­än­de­rungen auf im Blut zir­ku­lie­renden Tri­gyl­zeride haben, scheinen sie keine direkte Wirkung auf die Blut­zu­cker­ein­stellung zu nehmen (10, 11). Dieser Umstand lässt ver­muten, dass der positive Ein­fluss auf die glyk­ämische Kon­trolle vor allem auf das Ver­hältnis der Nähr­stoffe oder auf die Kom­bi­nation des geän­derten Nähr­stoff­ver­hält­nisses mit Omega-​3-​Fettsäuren zurück­zu­führen ist.

Diese posi­tiven Ver­än­de­rungen wurden mit nur geringem Bera­tungs­aufwand erreicht, wie er in der kli­ni­schen All­tags­si­tuation üblich ist. Folglich könnten zahl­reiche Pati­enten, die nur sehr unre­gel­mäßig Ernäh­rungs­be­ra­tungen in kli­ni­schen Ein­rich­tungen beziehen, meta­bo­lische Ver­bes­se­rungen erreichen, indem die emp­fohlene Makro­nähr­stoff­ver­teilung einen höheren Pro­te­in­anteil vor­sieht und Koh­len­hy­drate mit hohem glyk­ämischen Index durch solche mit nied­rigem glyk­ämischen Index ersetzt. Die Kom­bi­nation mit hoch dosierten Omega-​3-​Fettsäuren scheint schon auf Grund der kar­dio­vas­ku­lären Pro­tektion in diesem Hoch­ri­si­ko­kol­lektiv sinnvoll.

Ran­do­mi­sierte Studien zeigten den posi­tiven Effekt von pro­te­in­er­höhten Diäten in Bezug auf den Gewichts­verlust, die Reduktion von Kör­perfett (12) und ebenso auf die Gewichts­sta­bi­li­sierung bei nieder-​kalorischen Diäten (13) bereits. Der Grund­umsatz wird durch den erhöhten Pro­te­in­anteil in der Ernährung nicht gesenkt, wodurch ein erneutes, schnelles Zunehmen ver­hindert wird (14).

In unserer Studie konnten das Kör­per­ge­wicht und der Kör­per­fett­anteil nach 12 Wochen sta­tis­tisch signi­fikant redu­ziert werden, nach 24 Wochen ver­fehlte die Reduktion gerade die sta­tis­tische Signi­fikanz. Nichts­des­to­we­niger blieb der Tail­len­umfang, ein wich­tiger Para­meter für das Meta­bo­lische Syndrom, über die gesamte Stu­di­en­laufzeit von 24 Wochen hinweg signi­fikant gesenkt. Die Reduktion von Gewicht und Tail­len­um­fangs ist vor allem deshalb so bemer­kenswert, da die kör­per­liche Betä­tigung der Stu­di­en­teil­nehmer im Laufe der Studie um mehr als 60% von 113 Minuten pro Woche auf nur 39 Minuten pro Woche gesunken ist. Dies könnte mit der Änderung der Jah­res­zeiten zusam­men­hängen, da die meisten Pro­banden in den Som­mer­mo­naten in die Studie ein­be­zogen wurden, die Kontroll- bzw. End­vi­siten jedoch in den Herbst- bzw. Win­ter­mo­naten lagen.

Eine andere sehr wichtige Erkenntnis unserer Studie war die signi­fi­kante Reduktion von Ent­zün­dungen im Körper, welche wir an Hand des usCRP nach­ge­wiesen haben. Das usCRP ist ein aner­kannter und weithin ver­füg­barer Ent­zün­dungs­marker, der darüber hinaus ver­glichen mit der Messung von Zyto­kinen eine geringere Varia­bi­lität auf­weist. Auch in ran­do­mi­sierten Studien mit ver­gleich­baren Ernäh­rungs­in­ter­ven­tionen konnten anti-​entzündliche Effekte fest­stellen (15, 16).

Anti-​entzündliche Effekte der lang­ket­tigen, mehrfach unge­sät­tigten n‑3 Fett­säuren EPA und DHA, welche in Fischöl vor­kommen, sind mitt­ler­weile weit­gehend aner­kannt und basieren auf den aus mehrfach unge­sät­tigten Fett­säuren her­vor­ge­henden Lipid­me­dia­toren, den Eicos­anoiden (17). Während die Arach­idon­säure, eine mehrfach unge­sät­tigte Omega-​6-​Fettsäure und Vor­läufer vieler ent­zün­dungs­för­dernden Eicos­anoide, im Fett­gewebe adi­pöser Men­schen stark erhöht ist und in Ver­bindung mit dem meta­bo­li­schen Syndrom (18, 19) steht, beein­träch­tigen mehrfach unge­sät­tigte Omega-​3-​Fettsäuren die Pro­duktion dieser schlechten Eicos­anoide. Wir konnten kürzlich in Tier­ver­suchen und wei­teren kli­ni­schen Studien zeigen, dass durch die Sup­ple­men­tation von mehrfach unge­sät­tigten Omega-​3-​Fettsäuren hoch­wirksame ent­zün­dungs­hem­mende Media­toren im Fett­gewebe gebildet werden (20, 21). Darüber hinaus konnte durch die Ein­nahme von Omega-​3-​Fettsäuren auch eine positive Wirkung auf psy­cho­lo­gische und emo­tionale Para­meter fest­ge­stellt werden, welche wie­derum den Diä­t­erfolg positiv beein­flussen könnten (22, 23). Weiters sind die mehrfach unge­sät­tigten Omega-​3-​Fettsäuren jene Nah­rungs­be­stand­teile, die in ver­schie­denen Studien zur Fettsäure-​Modifikation das kar­dio­vas­kuläre Risiko signi­fikant senkten (24). Die Kom­bi­nation einer protein-​angereicherten, niedrig-​glykämischen Ernährung in Ver­bindung mit lang­ket­tigen, mehrfach unge­sät­tigten Omega-​3-​Fettsäuren, ist demnach daher nicht nur günstig für die Blut­zu­cker­ein­stellung und die Gewichts­kon­trolle, sondern auch, wenn aus­rei­chend dosiert, für die Prä­vention von kar­dio­vas­ku­lärer Erkran­kungen (25).

Fazit

Eine protein-​angereicherte, niedrig-​glykämische Ernährung in Kom­bi­nation mit lang­ket­tigen, mehrfach unge­sät­tigten Omega-​3-​Fettsäuren ver­bessert die Blut­zu­cker­ein­stellung und ver­ringert den Tail­len­umfang und stille Ent­zün­dungen bei über­ge­wich­tigen und adi­pösen Typ-​2-​Diabetikern. Diese Beob­ach­tungs­studie lie­ferte viel­ver­spre­chende Daten und stellt damit eine gute Basis für weitere Studien dar.

1 Dieser Artikel fasst mit Geneh­migung fol­gende Ori­gi­nal­pu­bli­kation zusammen: S.M. Moosheer, W. Wald­schütz, B.K. Itariu, H. Brath, T.M. Stulnig, A protein-​enriched low gly­cemic index diet with omega‑3 poly­un­sa­tu­rated fatty acid sup­ple­men­tation exerts bene­ficial effects on meta­bolic control in type 2 dia­betes, Prim. Care Diab., doi:10.1016/j.pcd.2014.02.004 (2014) epub ahead of print.

2 vmls. Moosheer

* Kor­re­spondenz: Univ.-Prof. Dr. Thomas Stulnig, Kli­nische Abteilung für Endo­kri­no­logie und Stoff­wechsel, Uni­ver­si­täts­klinik für Innere Medizin III, Medi­zi­nische Universität/​AKH Wien, Wäh­ringer Gürtel 18–20, 1090 Wien, E‑Mail: thomas.stulnig@meduniwien.ac.at

Lite­ratur:

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