Ernährungsgewohnheiten & Lebensstil
Jugendliche haben meist ganz unterschiedliche Essgewohnheiten und -vorlieben. Ganz typisch sind dabei unregelmäßige Esszeiten, das Auslassen von Mahlzeiten sowie das „Naschen zwischendurch“. Daher ist in dieser Bevölkerungsgruppe die Erfassung der Ernährungsgewohnheiten viel schwieriger als bei älteren Personen und eine verlässliche Datenerfassungsmethode musste vorab erst gefunden werden. Im Zuge der Helena Studie wurden daher auch unterschiedliche methodische Aspekte der Datenerfassung untersucht. Als beste und günstigste Methode kann das 24-Stunden-Recall hervorgehoben werden.
Generell sind die Nahrungsaufnahme und die Nährstoffversorgung der Jugendlichen im Vergleich zu lebensmittelbasierten Empfehlungen nicht optimal. So essen sie im Durchschnitt weniger als die Hälfte der empfohlenen Menge an Obst und Gemüse, nur 2/3 der empfohlenen Menge an Milchprodukten, und viel mehr Fleisch, Fett und Süßigkeiten als empfohlen.
Milchprodukte. Der Zusammenhang zwischen dem regelmäßigen Verzehr von Milchprodukten und Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen wurde untersucht. Es zeigte sich, dass ein moderater Konsum von Milchprodukten mit einem geringeren Risiko für Adipositas sowie mit einer erhöhten kardiorespiratorischen Fitness (CRF) assoziiert ist.
Nahrungsfett. Untersucht wurden die Versorgung mit Nahrungsfett sowie die typischen Fettquellen. Die durchschnittliche Fettaufnahme der Jugendlichen betrug 33,3% der Gesamtenergie, davon durchschnittlich 13,8% in Form von gesättigten Fettsäuren. Die Hauptquellen für Nahrungsfett waren Fleisch und Süßwaren. Die Versorgung mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren wurde in den meisten Fällen als zu gering eingestuft. Mehr als 35% der Jugendlichen waren mit α-Linolensäure unterversorgt. Einflussfaktoren auf die Fettversorgung waren in erster Linie Geschlecht, Alter sowie die körperliche Fitness (nur bei den männlichen Studienteilnehmern).
Trinkgewohnheiten. Durchschnittlich trinkt ein europäischer Jugendlicher rund 1,5l (1.455ml) Flüssigkeit am Tag, das meiste in Form von Wasser. Getränke machen auch einen großen Anteil der täglichen Energieaufnahme aus, nämlich zirka 400kcal täglich, wovon 30,4% auf gezuckerte Soft Drinks fallen, 20,7% auf Milchprodukte und 18,1% auf Fruchtsäfte.
Ernährungswissen. Es wurde auch untersucht, wie es um das Ernährungswissen der Jugendlichen steht. Es zeigte sich, dass die Kenntnisse über Ernährung und Gesundheit generell sehr schlecht sind. Es müsste früher mit dem Lehren von „gesunder Ernährung“ begonnen werden, um das Wissen auch in späteren Jahren zu verbessern.
Vitamine, Mineralstoffe, Insulin
Vitamin-D-Status. Über Blutuntersuchungen wurde der 25-OH-Vitamin-D-Level untersucht. Es zeigte sich, dass rund 80% der Jugendlichen nicht ausreichend mit Vitamin D versorgt sind, davon 39% leicht unzureichend, 27% mangelhaft und 15% sehr mangelhaft. Die Vitamin-D-Konzentrationen nehmen dabei mit dem Alter leicht zu und hängen in den meisten Fällen auch mit dem BMI sowie geografischen Gegebenheiten zusammen.
Eisen-Status. Eine Mangelversorgung mit Eisen zeigte sich vor allem bei Mädchen, von denen 21% betroffen waren. Bei den Burschen waren es 13,8%. Daher ist insbesondere bei Mädchen im Jugendalter eine ausreichende Zufuhr von Eisen über die Nahrung besonders wichtig.
Insulinresistenz. Die Assoziation zwischen Körperfett und kardiorespiratorischer-Fitness mit Markern für Insulinresistenz wurde untersucht. Es zeigt sich eine positive Assoziation zwischen Insulin und BMI, Hautfaltendicke und Hüftumfang, sowie eine negative Assoziation mit kardiorespiratorischer Fitness bei Jugendlichen mit moderaten bis sehr hohen Körperfett-Level.
Körperliche Aktivität
Das Ausmaß an körperlicher Aktivität bzw. sitzenden Tätigkeiten wurde mittels Akzelerometrie gemessen und in durchschnittlicher Intensität sowie in Minuten pro Tag ausgedrückt (Moderate to Vigorous Physical Activity, MVPA-Index). Auch die sitzende Zeit wurde objektiv gemessen. Im Durchschnitt erreichten mehr Buben als Mädchen die gewünschten 60 Minuten MVPA pro Tag (56,8% der Buben und nur 27,5% der Mädchen). Durchschnittlich verbrachten aber alle Jugendlichen viel zu viel Zeit sitzend (mehr als 9 Stunden pro Tag).
Kardiorespiratorische Fitness (CRF). Das Ausmaß an sitzenden Tätigkeiten und die Auswirkung auf die kardiorespiratorische Fitness wurde untersucht, sowie, ob diese Assoziation unabhängig von der körperlichen Fitness ist. Dafür wurden sitzende Tätigkeiten und MVPA-Aktivitäten mittels Akzelerometrie gemessen. Der CRF Wert wurde mittels 20 Meter Shuttle-Lauf ermittelt. Es zeigte sich, dass bei Mädchen ein hohes Ausmaß an sitzenden Tätigkeiten (ca. 2/3 der gesamten Tageszeit) mit einem niedrigen CRF-Wert assoziiert ist. Bei Buben zeigte sich kein Zusammenhang.
Knochengesundheit. Die Assoziation zwischen körperlicher Aktivität und Knochenmasse wurde genauer untersucht. Dafür wurde die Knochenmasse mittels Röntgen und die körperliche Aktivität mittels Akzelerometrie ermittelt. Es zeigte sich, dass eine weniger als 45 Minuten dauernde MVPA-Aktivität pro Tag mit einer geringen Knochenmasse, eine mehr als 78 Minuten dauernde MVPA-Aktivität hingegen mit einer hohen Knochenmasse assoziiert sind. Das empfohlene Ausmaß von 60 Minuten körperliche Aktivität pro Tag scheint unzureichend, um eine optimale Knochengesundheit zu erreichen.
Schlafdauer. Eine adäquate Schlafdauer von rund acht Stunden täglich ist ein wichtiger Faktor für Gesundheit und Verhalten von Jugendlichen. Eine kurze Schlafperiode (unter 8h) ist mit erhöhten Adipositas-Markern assoziiert. Jugendliche, die weniger schlafen, haben meist einen höheren BMI, einen höheren Körperfettanteil, und verbringen in den meisten Fällen auch mehr Zeit sitzend sowie vor dem Fernseher.
ConclusioDas von der EU im 7. Rahmenprogramm geförderte und bisher größte europäische Ernährungsprojekt brachte bis dato unbekannte Tatsachen ans Tageslicht, die die Auswirkungen der Ernährung und körperlichen Aktivität bei Jugendlichen beschreiben. Bisher wurden mehr als 150 Arbeiten (alle in internationalen Journalen) publiziert, rund 50 weitere sind in Ausarbeitung. Österreich hat bei diesem Projekt eine maßgebliche Rolle gespielt.
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ÖAIE 2014; Gatternig K, Widhalm K