Ernährung, Bewegung & Gesundheit europäischer Jugendlicher

Dezember 2014

Im Zuge des HELENA-​Projektes wurden rund 4.000 Jugend­liche im Alter von 13 bis 17 Jahren aus 10 euro­päi­schen Städten unter­sucht. Es ist das erste und bisher einzige euro­pa­weite Projekt, das mit wis­sen­schaft­lichen und stan­dar­di­sierten Methoden umfas­sende Daten über den Gesundheits‑, Bewegungs- und Ernäh­rungs­zu­stand von Jugend­lichen liefert. Einige der wich­tigsten Ergeb­nisse finden Sie in der Folge zusammengefasst.

Ernährungsgewohnheiten & Lebensstil

Jugend­liche haben meist ganz unter­schied­liche Ess­ge­wohn­heiten und ‑vor­lieben. Ganz typisch sind dabei unre­gel­mäßige Ess­zeiten, das Aus­lassen von Mahl­zeiten sowie das „Naschen zwi­schen­durch“. Daher ist in dieser Bevöl­ke­rungs­gruppe die Erfassung der Ernäh­rungs­ge­wohn­heiten viel schwie­riger als bei älteren Per­sonen und eine ver­läss­liche Daten­er­fas­sungs­me­thode musste vorab erst gefunden werden. Im Zuge der Helena Studie wurden daher auch unter­schied­liche metho­dische Aspekte der Daten­er­fassung unter­sucht. Als beste und güns­tigste Methode kann das 24-​Stunden-​Recall her­vor­ge­hoben werden.

Generell sind die Nah­rungs­auf­nahme und die Nähr­stoff­ver­sorgung der Jugend­lichen im Ver­gleich zu lebens­mit­tel­ba­sierten Emp­feh­lungen nicht optimal. So essen sie im Durch­schnitt weniger als die Hälfte der emp­foh­lenen Menge an Obst und Gemüse, nur 2/​3 der emp­foh­lenen Menge an Milch­pro­dukten, und viel mehr Fleisch, Fett und Süßig­keiten als empfohlen.

Milch­pro­dukte. Der Zusam­menhang zwi­schen dem regel­mä­ßigen Verzehr von Milch­pro­dukten und Risi­ko­fak­toren für kar­dio­vas­kuläre Erkran­kungen wurde unter­sucht. Es zeigte sich, dass ein mode­rater Konsum von Milch­pro­dukten mit einem gerin­geren Risiko für Adi­po­sitas sowie mit einer erhöhten kar­dio­re­spi­ra­to­ri­schen Fitness (CRF) asso­ziiert ist.

Nah­rungsfett. Unter­sucht wurden die Ver­sorgung mit Nah­rungsfett sowie die typi­schen Fett­quellen. Die durch­schnitt­liche Fett­auf­nahme der Jugend­lichen betrug 33,3% der Gesamt­energie, davon durch­schnittlich 13,8% in Form von gesät­tigten Fett­säuren. Die Haupt­quellen für Nah­rungsfett waren Fleisch und Süß­waren. Die Ver­sorgung mit mehrfach unge­sät­tigten Fett­säuren wurde in den meisten Fällen als zu gering ein­ge­stuft. Mehr als 35% der Jugend­lichen waren mit α-Lin­o­len­säure unter­ver­sorgt. Ein­fluss­fak­toren auf die Fett­ver­sorgung waren in erster Linie Geschlecht, Alter sowie die kör­per­liche Fitness (nur bei den männ­lichen Studienteilnehmern).

Trink­ge­wohn­heiten. Durch­schnittlich trinkt ein euro­päi­scher Jugend­licher rund 1,5l (1.455ml) Flüs­sigkeit am Tag, das meiste in Form von Wasser. Getränke machen auch einen großen Anteil der täg­lichen Ener­gie­auf­nahme aus, nämlich zirka 400kcal täglich, wovon 30,4% auf gezu­ckerte Soft Drinks fallen, 20,7% auf Milch­pro­dukte und 18,1% auf Fruchtsäfte.

Ernäh­rungs­wissen. Es wurde auch unter­sucht, wie es um das Ernäh­rungs­wissen der Jugend­lichen steht. Es zeigte sich, dass die Kennt­nisse über Ernährung und Gesundheit generell sehr schlecht sind. Es müsste früher mit dem Lehren von „gesunder Ernährung“ begonnen werden, um das Wissen auch in spä­teren Jahren zu verbessern.

Vitamine, Mineralstoffe, Insulin

Vitamin-​D-​Status. Über Blut­un­ter­su­chungen wurde der 25-​OH-​Vitamin-​D-​Level unter­sucht. Es zeigte sich, dass rund 80% der Jugend­lichen nicht aus­rei­chend mit Vitamin D ver­sorgt sind, davon 39% leicht unzu­rei­chend, 27% man­gelhaft und 15% sehr man­gelhaft. Die Vitamin-​D-​Konzentrationen nehmen dabei mit dem Alter leicht zu und hängen in den meisten Fällen auch mit dem BMI sowie geo­gra­fi­schen Gege­ben­heiten zusammen.

Eisen-​Status. Eine Man­gel­ver­sorgung mit Eisen zeigte sich vor allem bei Mädchen, von denen 21% betroffen waren. Bei den Bur­schen waren es 13,8%. Daher ist ins­be­sondere bei Mädchen im Jugend­alter eine aus­rei­chende Zufuhr von Eisen über die Nahrung besonders wichtig.

Insu­lin­re­sistenz. Die Asso­ziation zwi­schen Kör­perfett und kardiorespiratorischer-​Fitness mit Markern für Insu­lin­re­sistenz wurde unter­sucht. Es zeigt sich eine positive Asso­ziation zwi­schen Insulin und BMI, Haut­fal­ten­dicke und Hüft­umfang, sowie eine negative Asso­ziation mit kar­dio­re­spi­ra­to­ri­scher Fitness bei Jugend­lichen mit mode­raten bis sehr hohen Körperfett-Level.

Körperliche Aktivität

Das Ausmaß an kör­per­licher Akti­vität bzw. sit­zenden Tätig­keiten wurde mittels Akze­l­e­ro­metrie gemessen und in durch­schnitt­licher Inten­sität sowie in Minuten pro Tag aus­ge­drückt (Moderate to Vigorous Phy­sical Activity, MVPA-​Index). Auch die sit­zende Zeit wurde objektiv gemessen. Im Durch­schnitt erreichten mehr Buben als Mädchen die gewünschten 60 Minuten MVPA pro Tag (56,8% der Buben und nur 27,5% der Mädchen). Durch­schnittlich ver­brachten aber alle Jugend­lichen viel zu viel Zeit sitzend (mehr als 9 Stunden pro Tag).

Kar­dio­re­spi­ra­to­rische Fitness (CRF). Das Ausmaß an sit­zenden Tätig­keiten und die Aus­wirkung auf die kar­dio­re­spi­ra­to­rische Fitness wurde unter­sucht, sowie, ob diese Asso­ziation unab­hängig von der kör­per­lichen Fitness ist. Dafür wurden sit­zende Tätig­keiten und MVPA-​Aktivitäten mittels Akze­l­e­ro­metrie gemessen. Der CRF Wert wurde mittels 20 Meter Shuttle-​Lauf ermittelt. Es zeigte sich, dass bei Mädchen ein hohes Ausmaß an sit­zenden Tätig­keiten (ca. 2/​3 der gesamten Tageszeit) mit einem nied­rigen CRF-​Wert asso­ziiert ist. Bei Buben zeigte sich kein Zusammenhang. 

Kno­chen­ge­sundheit. Die Asso­ziation zwi­schen kör­per­licher Akti­vität und Kno­chen­masse wurde genauer unter­sucht. Dafür wurde die Kno­chen­masse mittels Röntgen und die kör­per­liche Akti­vität mittels Akze­l­e­ro­metrie ermittelt. Es zeigte sich, dass eine weniger als 45 Minuten dau­ernde MVPA-​Aktivität pro Tag mit einer geringen Kno­chen­masse, eine mehr als 78 Minuten dau­ernde MVPA-​Aktivität hin­gegen mit einer hohen Kno­chen­masse asso­ziiert sind. Das emp­fohlene Ausmaß von 60 Minuten kör­per­liche Akti­vität pro Tag scheint unzu­rei­chend, um eine optimale Kno­chen­ge­sundheit zu erreichen.

Schlaf­dauer. Eine adäquate Schlaf­dauer von rund acht Stunden täglich ist ein wich­tiger Faktor für Gesundheit und Ver­halten von Jugend­lichen. Eine kurze Schlaf­pe­riode (unter 8h) ist mit erhöhten Adipositas-​Markern asso­ziiert. Jugend­liche, die weniger schlafen, haben meist einen höheren BMI, einen höheren Kör­per­fett­anteil, und ver­bringen in den meisten Fällen auch mehr Zeit sitzend sowie vor dem Fernseher.

Conclusio

Das von der EU im 7. Rah­men­pro­gramm geför­derte und bisher größte euro­päische Ernäh­rungs­projekt brachte bis dato unbe­kannte Tat­sachen ans Tages­licht, die die Aus­wir­kungen der Ernährung und kör­per­lichen Akti­vität bei Jugend­lichen beschreiben. Bisher wurden mehr als 150 Arbeiten (alle in inter­na­tio­nalen Jour­nalen) publi­ziert, rund 50 weitere sind in Aus­ar­beitung. Öster­reich hat bei diesem Projekt eine maß­geb­liche Rolle gespielt.

ÖAIE 2014; Gat­ternig K, Widhalm K