Ballaststoffe: Empfehlungen und Aufnahme

August 2014

Könnte ruhig mehr sein: Es gibt Hin­weise, dass eine adäquate Bal­last­stoff­auf­nahme zahl­reichen Krank­heiten und Funk­ti­ons­stö­rungen ent­ge­gen­wirken kann. So zeigte sich bei­spiels­weise, dass eine hohe Bal­last­stoff­zufuhr prä­ventive Wirkung in Bezug auf das Risiko für Adi­po­sitas, Hyper­tonie, koronare Herz­er­kran­kungen, Dys­li­po­pro­te­inämie und maligne Tumore im Kolo­rektum hat [3].

Der Ter­minus „Bal­last­stoffe“ bzw. „dietary fibers“ wurde erstmals im Jahr 1953 ver­wendet. Der Sam­mel­be­griff bezeichnete Zel­lulose, Hemi­zel­lulose und Lignin [1, 2]. Heute ver­steht man unter dieser Bezeichnung Bestand­teile pflanz­licher Nahrung, welche von den Enzymen des mensch­lichen Körpers bzw. im Magen-​Darmtrakt nicht abgebaut werden können. Neben den bereits genannten Bal­last­stoffen gehören zu dieser Gruppe auch Pektin, nicht spaltbare Stärke (resis­tente Stärke) und unver­dau­liche Oli­gos­ac­charide wie z.B. Oligofructosen.

Nah­rungs­fasern erfüllen wichtige Funk­tionen im Ver­dau­ungs­trakt und wirken sich ebenso auf den Stoff­wechsel aus. Sie werden im Dickdarm teil­weise von Bak­terien zu kurz­ket­tigen Fett­säuren abgebaut, welche wie­derum den pH-​Wert des Darm­in­haltes senken und der Darm­schleimhaut als Nähr­stoffe zur Ver­fügung stehen. Diese Fett­säuren stellen für den Körper eine zusätz­liche Ener­gie­quelle (8,4 kJ (2kcal)/g Bal­last­stoff) dar.

Definition und Einteilung

In den letzten Jahr­zehnten hat das Wissen und Ver­ständnis über den Ein­fluss der Bal­last­stoffe auf die Gesundheit stark zuge­nommen. Nicht einig sind sich Fach­leute weltweit jedoch über die genaue Defi­nition dieser Nah­rungs­be­stand­teile. Konsens herrscht indessen darüber, dass die Defi­nition unbe­dingt phy­sio­lo­gische Aspekte der Nah­rungs­fasern berück­sich­tigen muss [1].

In den USA wird auf eine ana­ly­tische Her­an­ge­hens­weise bei der Defi­nition ver­traut, um zu bestimmen, welche Bestand­teile der Nahrung als Bal­last­stoffe in die Lebens­mit­tel­kenn­zeichnung auf­ge­nommen werden. Das Institute of Medicine (IOM) hat im Jahr 2001 fol­gende Defi­nition veröffentlicht:

Bal­last­stoffe bestehen aus nicht ver­dau­baren Koh­le­hy­draten und Lignin und sind Bestand­teile von Pflanzen.

Funk­tio­nelle Fasern bestehen aus iso­lierten, nicht ver­dau­baren Koh­len­hy­draten und haben einen posi­tiven phy­sio­lo­gi­schen Effekt bei Menschen.

Diese Defi­nition berück­sichtigt die Viel­fäl­tigkeit nicht ver­dau­barer Koh­len­hy­drate in der Nahrung und wurde von der U.S. Food and Drug Admi­nis­tration (FDA) über­nommen, jedoch wurden nicht nur pflanz­liche Quellen sondern auch Bal­last­stoffe tie­ri­scher und ver­ar­bei­teter Nah­rungs­quellen ein­ge­schlossen, welche einen güns­tigen phy­sio­lo­gi­schen Effekt beim Men­schen zeigen [2].

Eine weitere Begriffs­er­klärung lie­ferte die Ame­rican Asso­ciation of Cereal Chemist (AACC) im Jahr 2001: Bal­last­stoffe werden als ver­zehr­barer Teil von Pflanzen bzw. ana­loger Koh­len­hy­drate ver­standen, welche nicht ver­daubar und/​oder im Dünndarm nicht absor­bierbar sind und teil­weise oder ganz fer­men­tiert werden. Dazu zählen Polys­ac­charide, Oli­gos­ac­charide, Lignin und ver­wandte pflanz­liche Sub­stanzen. Bal­last­stoffe begüns­tigen positive phy­sio­lo­gische Effekte wie die Laxation oder die Senkung des Blutcholesterin- und Blutglukosespiegels.

Die aktu­ellste Defi­nition findet sich in einer Ver­öf­fent­li­chung der Codex Ali­men­tarius Com­mission (CAC) von 2006: Hier wurden Bal­last­stoffe als Koh­len­hy­drat­po­lymere mit einem Poly­me­ri­sa­ti­onsgrad von nicht weniger als drei defi­niert, die im Darm nicht verdaut oder absor­biert werden können. Diese Defi­nition schließt Mono- und Dis­ac­charide aus. Weiter wird in dieser Defi­nition fest­ge­halten, dass Nah­rungs­fasern einen Ein­fluss auf die Tran­sitzeit im Darm haben und die Stuhl­menge ver­größern. Sie können von der Mikro­flora des Darms fer­men­tiert werden und redu­zieren das Gesamt­cho­le­sterin im Blut und/​oder LDL Cho­le­sterin sowie den Blutglukose- und/​oder Insulinspiegel.

Die gebräuch­lichste Ein­teilung der Bal­last­stoffe bezieht sich auf ihre Lös­lichkeit. Hier wurde ver­sucht die phy­sio­lo­gi­schen Effekte mit den che­mi­schen Eigen­schaften der Bal­last­stoffe zu ver­binden. Lös­liche Bal­last­stoffe werden mit posi­tiven Aus­wir­kungen auf Serum­lipide in Ver­bindung gebracht. Nicht­lös­liche Bal­last­stoffe wirken sich hin­gegen günstig auf die Laxation aus [1].

Ballaststoffe und Gesundheit

Kar­dio­vas­kuläre Erkran­kungen: Ein Review von Slavin, 2013 kommt zu dem Schluss, dass eine adäquate Bal­last­stoff­auf­nahme das Risiko für kar­dio­vas­kuläre Erkran­kungen und koronare Herz­er­kran­kungen senken kann. Dieser Effekt wird haupt­sächlich der Senkung des LDL-​Cholesterins zuge­schrieben. Es hat sich gezeigt, dass was­ser­lös­liche Bal­last­stoffe den größten Effekt auf die LDL-​Konzentration haben, ohne jedoch das günstige HDL-​Cholesterin negativ zu beein­flussen [2]. Kendall et al., 2010 konnten nach­weisen, dass eine 1%ige Reduktion des Serum-​LDL-​Cholesterins mit einer Ver­min­derung des Auf­tretens von koro­naren Herz­er­kran­kungen um 1 bis 2% ein­hergeht [4]. Der Lead Artikel von Anderson et al., 2009 welcher sieben Kohor­ten­studien eva­lu­ierte, zeigte, dass die Prä­valenz für koronare Herz­er­kran­kungen bei Indi­viduen mit dem höchsten Bal­last­stoff­konsum um 29% signi­fikant nied­riger war als bei jenen Teil­nehmern mit der nied­rigsten Bal­last­stoff­auf­nahme (Tabelle 1) [5].

Typ 2 Dia­betes mel­litus: Es exis­tieren zahl­reiche Theorien, die den Zusam­menhang der Bal­last­stoff­auf­nahme mit Typ 2 Dia­betes mel­litus beschreiben. Laut Slavin, 2013 schwächt z.B. die Auf­nahme von aus­rei­chend Nah­rungs­fasern die Glu­ko­se­auf­nah­merate ab, ver­hindert die Gewichts­zu­nahme und durch den Verzehr von bal­last­stoff­reichen Lebens­mitteln wie Obst und Gemüse wird zusätzlich die Menge an güns­tigen Nah­rungs­be­stand­teilen und Anti­oxi­dantien in der Nahrung erhöht. Alle genannten Fak­toren können die Ent­stehung von Typ 2 Dia­betes ver­hindern [2]. Men­schen, welche mehr als 15g Bal­last­stoffe pro Tag auf­nahmen, hatten in einer Kohor­ten­studie von Hopping et al., 2010 ein signi­fikant nied­ri­geres Dia­be­tes­risiko [6]. Inter­ven­ti­ons­studien hin­gegen zeigten wider­sprüch­liche Ergeb­nisse. Obwohl teil­weise eine redu­zie­rende Wirkung durch die zusätz­liche Bal­last­stoffgabe auf Glukose- und Insu­lin­spiegel gezeigt werden konnte [7, 8], wies bei­spiels­weise die Inter­ven­ti­ons­studie von Mathern und Raatz, 2009 keinen Zusam­menhang zwi­schen der Bal­last­stoff­auf­nahme und der post­pran­dialen Glu­ko­se­kon­zen­tra­tionen nach [9]. Die Analyse von fünf epi­de­mio­lo­gi­schen Studien im Lead Artikel von Anderson et al., 2009 ergab, dass ein hoher Bal­last­stoff­konsum mit einem 19% ernied­rigten Risiko für Dia­betes mel­litus ver­bunden ist (Tabelle 1) [5].

Laxation: Bal­last­stoffe, wie sie z.B. in Wei­zen­kleie ent­halten sind, sind für eine normale Laxation sehr wichtig. Dabei spielt haupt­sächlich die Fähigkeit zur Gewichts­er­höhung des Stuhls durch Bal­last­stoffe eine Rolle. Diese Gewichts­er­höhung wird durch die Anwe­senheit der Nah­rungs­fasern, ihrer Was­ser­spei­cher­ka­pa­zität und der Stei­gerung der Anzahl der Mikro­or­ga­nismen im Ver­dau­ungs­trakt erreicht [2].

Appe­tit­kon­trolle: Bal­last­stoffe können Ein­fluss auf die Sät­tigung haben. Ver­ant­wortlich dafür sind einer­seits das längere Kauen von bal­last­stoff­reicher Nahrung, was die Pro­duktion von Speichel und Magen­säure anregt und ande­rer­seits die eine stärkere Magen­aus­dehnung. Weiters kann die Bal­last­stoff­auf­nahme durch Ver­län­gerung der Pas­sa­gezeit der Nahrung im Ver­dau­ungs­trakt sowie Ver­rin­gerung der Glu­ko­se­ab­sorption im Dünndarm den Appetit beein­flussen. Eine gesenkte Frei­setzung von Glukose sowie eine ent­spre­chend abge­schwächte Insu­lin­antwort werden mit Sät­tigung in Ver­bindung gebracht [10].

Kör­per­ge­wicht: Die Aus­wertung ver­schie­dener Kohor­ten­studien hat gezeigt, dass ein höherer Konsum von Bal­last­stoffen mit einem nied­ri­geren Kör­per­ge­wicht zusam­men­hängt [11]. Die Bal­last­stoff­auf­nahme wird mit anderen gesund­heits­be­güns­ti­genden Fak­toren des Lebens­stils wie z.B. hohem Gemüse- und Obst­verzehr oder einem adäquaten Bewe­gungs­ver­halten asso­ziiert. Ernäh­rungs­weisen reich an Bal­last­stoffen sind übli­cher­weise fett- und damit auch ener­gie­ärmer und unter­stützen somit ein gesün­deres Kör­per­ge­wicht bei Men­schen [2]. Anderson et al., 2009 zeigten einen signi­fi­kanten Unter­schied hin­sichtlich des Über­ge­wichts­ri­sikos zwi­schen Indi­viduen mit dem höchsten und dem nied­rigsten Bal­last­stoff­konsum. Es ergab sich eine 30% nied­rigere Prä­valenz für Über­ge­wicht und Gewichts­zu­nahme bei der Gruppe mit der höchsten Bal­last­stoff­auf­nahme (Tabelle 1) [5].

Krebs: Der Zusam­menhang zwi­schen Bal­last­stoff­auf­nahme und Krebs­risiko ist nicht unum­stritten. In den 1970er Jahren wurde ange­nommen, dass eine hohe Bal­last­stoff­auf­nahme das Risiko für Darm­krebs senken würde. Diese Schluss­fol­ge­rungen basierten auf unter­schied­lichen Darm­krebs­raten in Ländern bzw. Regionen mit nied­riger und hoher Bal­last­stoff­auf­nahme. Dieser Zusam­menhang wurde in den ver­gangen Jahren kon­trovers dis­ku­tiert [2]. Viele aktuelle Studien zeigen hin­gegen einen prä­ven­tiven Effekt einer bal­last­stoff­reichen Ernährung in Hin­blick auf das Darm­krebs­risiko [12, 13, 14].

Immun­funktion und Ent­zün­dungs­re­ak­tionen: Einige Nah­rungs­fasern werden mit einer ver­bes­serten Immun­funktion durch die Pro­duktion von kurz­ket­tigen Fett­säuren in Zusam­menhang gebracht. Ein höherer Bal­last­stoff­konsum steht laut dem Review von Slavin, 2013 auch mit einer nied­ri­geren Mor­ta­lität durch nicht kar­dio­vas­kuläre Erkrankungen/​nicht krebs­ab­hängige Ent­zün­dungs­er­kran­kungen in Ver­bindung [2]. Kacz­marczyk et al., 2012 zeigten, dass Bal­last­stoffe durch Senkung von ent­zün­dungs­as­so­zi­ierten Bio­markern (C‑reaktives Protein (CRP), IL‑6 und TNF‑α) Ent­zün­dungs­re­ak­tionen ent­ge­gen­wirken können [15].

Ballaststoffe im Lauf der Zeit

Obwohl es Hin­weise auf das Schlachten von Tieren vor bereits rund 2,6 Mil­lionen Jahren gibt, ernährten sich unsere Vor­fahren haupt­sächlich mittels einer pflan­zen­ba­sierten und damit auch bal­last­stoff­reichen Diät. Diese Ernährung beinhaltete große Mengen an Grün­pflanzen, Früchten, Samen sowie Nüssen und würde damit heu­tigen Ernäh­rungs­emp­feh­lungen zur Cho­le­ste­rin­spie­gel­re­duktion ent­sprechen. Mit dem Auf­kommen der Nutz­tier­haltung und der Land­wirt­schaft vor rund 10.000 Jahren änderte sich die Ernährung in Hin­blick auf Makro- und Mikro­nähr­stoff­profil, glyk­ämische Last und Bal­last­stoff­gehalt. Trotzdem bestand die mensch­liche Ernährung bis zur indus­tri­ellen Revo­lution haupt­sächlich aus unraf­fi­niertem Getreide und Gemüse mit einem hohen Ballaststoffanteil.

Die Lebens­weise unserer Vor­fahren sorgte zusätzlich für eine starke phy­sische Akti­vität. Lebensstil und Ernährung änderten sich jedoch mit dem Beginn der indus­tri­ellen Revo­lution. Der Ver­ar­bei­tungsgrad unserer Nahrung nahm in den letzten 200 Jahren zu, gleich­zeitig redu­zierte sich der Bal­last­stoff­anteil. Durch die Fort­schritte in der Tier­haltung und ‑zucht erhöhte sich der Konsum von Pro­dukten tie­ri­schen Ursprungs, die häufig reich an gesät­tigten Fett­säuren und Cho­le­sterin sind. Auf­grund der Änderung des Ernäh­rungs­ver­haltens wurde der bis dahin hohe Anteil von Bal­last­stoffen in unserer Ernährung schritt­weise redu­ziert [4]. Zeit­gleich hat die Prä­valenz von Diver­ti­ku­losen, Kar­zi­nomen der Ver­dau­ungswege, Dia­betes mel­litus, Gallen- und Nie­ren­steinen sowie Herz- und Kreis­lauf­erkran­kungen stark zuge­nommen. Ein mög­licher Zusam­menhang unter­liegt der Ein­schränkung, dass Bal­last­stoff­quellen reich an phy­sio­lo­gisch wirk­samen Stoffen wie Vit­aminen, Mine­ral­stoffen und phe­n­o­li­schen Ver­bin­dungen sind und pro­tektive Effekte (Krebs, Arte­rio­sklerose) eher mul­tik­ausal bedingt sind [16].

Richtwerte für die Ballaststoffaufnahme

Als Richtwert für eine aus­rei­chende Bal­last­stoff­zufuhr gilt bei Erwach­senen eine Menge von min­destens 30g/​d. Das ent­spricht rund 3,8g/MJ bzw. 16g/​1000kcal bei Frauen und 2,9g/MJ bzw. 12,5g/1000kcal bei Männern. Wird weniger Energie mit der Nahrung auf­ge­nommen, muss die Bal­last­stoff­zufuhr ent­spre­chend größer sein. Für Säug­linge und Kinder werden derzeit keine Richt­werte für die Auf­nahme an Bal­last­stoffen ange­geben, ein Richtwert für die Bal­last­stoff­dichte von rund 2,4g/MJ bzw. 19g/​1000kcal dürfte jedoch auch für Kinder rea­lis­tisch sein [3].

Nehmen wir mit unserer Nahrung genügend Ballaststoffe auf?

Unter­su­chungen in Öster­reich weisen darauf hin, dass keine Alters­gruppe auch nur annä­hernd die Richt­werte für eine adäquate Auf­nahme erreicht. Sowohl der Öster­rei­chische Ernäh­rungs­be­richt 2008 als auch 2012 zeigten, dass Kinder, Erwachsene sowie ältere Men­schen ver­glichen mit den D‑A-​CH-​Referenzwerten einen deutlich gerin­geren Bal­last­stoff­anteil in der Nahrung auf­wiesen. [17, 18]. Die aktu­ellsten Unter­su­chungen in Öster­reich beob­ach­teten, dass Kinder durch­schnittlich 16–19g/d, Erwachsene 22–24g/d und Senioren 19–20g/d auf­nehmen (je nach Geschlecht bzw. Alter) [18]. Einen hohen Anteil von Bal­last­stoffen in der Nahrung wiesen hin­gegen Men­schen mit vege­ta­ri­scher und veganer Ernährung auf, wobei nur durch eine vegane Lebens­weise eine Zufuhr von min­destens 30g/​d erreicht wurde [17]. Auch Daten aus Deutschland zeigten, dass rund 75% der Frauen und 68% der Männer unter dem Ballaststoff-​Richtwert nach D‑A-​CH liegen [19].

Wie kann die Ballaststoffaufnahme verbessert werden?

Besonders leicht ist eine erhöhte Bal­last­stoff­zufuhr durch den regel­mä­ßigen Konsum von Brot, Nudeln und anderen Getrei­de­pro­dukten aus Vollkorn zu erreichen. Damit werden über­wiegend unlös­liche, bak­te­riell wenig abbaubare Polys­ac­charide zuge­führt. Aber auch ein erhöhter Obst- und Gemü­se­verzehr kann zur Stei­gerung des Bal­last­stoff­konsums bei­tragen. Diese Lebens­mittel ent­halten haupt­sächlich lös­liche, bak­te­riell abbaubare Polys­ac­charide. Durch eine Kom­bi­nation dieser Nah­rungs­mittel kann eine günstige Ver­teilung zwi­schen unlös­lichen und lös­lichen Bal­last­stoffen gewähr­leistet werden [3, 20]. Die Deutsche Gesell­schaft für Ernährung (DGE) emp­fiehlt täglich 400g Gemüse auf­zu­nehmen. Mit nur einer Portion (200g) Kohl oder Karotten werden 6g Bal­last­stoffe ver­zehrt. Karotten, Paprika, Rote Rüben, Kohl und auch Fenchel ent­halten 2–5g Bal­last­stoffe pro 100g. Noch mehr Nah­rungs­fasern liefern Hül­sen­früchte mit rund 7g Ballaststoffen/​100g. Auch die Wahl der Brot­sorte hat einen enormen Ein­fluss auf die Bal­last­stoff­auf­nahme. Während nur vier Scheiben Voll­kornbrot 15g Bal­last­stoffe ent­halten, müsste man für die gleiche Menge Bal­last­stoffe sieben Scheiben Voll­korn­toast, 20 Scheiben nor­males Toastbrot oder 15 Crois­sants essen [19].

Eine weitere Mög­lichkeit, die Bal­last­stoff­auf­nahme zu erhöhen, stellt die Gabe von Bal­last­stoff­sup­ple­menten dar. Der Einsatz von Sup­ple­menten wird jedoch von Gesund­heits­or­ga­ni­sa­tionen nicht oder nur selten emp­fohlen, da neben Bal­last­stoffen mit der Nahrung auch Vit­amine, Mine­ral­stoffe, Wasser und andere wichtige Nah­rungs­be­stand­teile auf­ge­nommen werden. Im Lead Artikel von Anderson et al., 2009 werden Hin­weise aus kli­ni­schen Studien dar­ge­stellt, dass sich die Bal­last­stoff­sup­ple­men­tation effek­tiver auf die Serum­li­pidsenkung, die Kör­per­ge­wichts­re­duktion und die Ver­bes­serung der Ver­dauung aus­wirken kann als eine stark bal­last­stoff­haltige Diät [5]. Eine Kon­sum­emp­fehlung von Bal­last­stoffen in Tablet­tenform oder als Pulver kann jedoch nicht unter­stützt werden, da hier­durch eine Ernäh­rungs­um­stellung ver­hindert wird und zusätzlich die Gefahr einer ver­min­derten Resorption von Mine­ral­stoffen sowie ungüns­tigen Inter­ak­tionen mit Medi­ka­menten besteht.

Bal­last­stoff­an­ge­rei­cherte Milch­pro­dukte, Früh­stücks­ce­realien oder auch Kekse, die mit einem „gesunden“ Mehrwert beworben werden, sind im Handel erhältlich. Mit Bal­last­stoffen (z.B. Inulin, Oli­go­fructose) ange­rei­cherte Pro­dukte erhöhen zwar die Zufuhr an Nah­rungs­fasern, es besteht jedoch laut DGE, 2013 auch die Gefahr, dass Ver­braucher ernäh­rungs­phy­sio­lo­gisch ungünstige Lebens­mittel als positiv ein­stufen [21].

Fazit

Bal­last­stoffe haben lange Zeit einen bedeu­tenden Anteil unserer Ernährung aus­ge­macht, jedoch im Zuge der Ver­än­derung von Ernäh­rungs­ge­wohn­heiten mit Beginn der indus­tri­ellen Revo­lution vor rund 200 Jahren ihren Stel­lenwert ver­loren. Die gleich­zeitige Zunahme des Konsums tie­ri­scher Pro­dukte und das inad­äquate Bewe­gungs­ver­halten resul­tierte in der ver­mehrten Ent­stehung von Zivi­li­sa­ti­ons­krank­heiten wie kar­dio­vas­kuläre Erkran­kungen, Dia­betes mel­litus und Krebs. Diese ver­än­derten Ernäh­rungs­ge­wohn­heiten erschweren es, die aktu­ellen Richt­werte für eine aus­rei­chende Bal­last­stoff­auf­nahme zu erreichen. Abhilfe könnten einer­seits der ver­mehrte Konsum von Brot, Nudeln und anderen Getrei­de­pro­dukten aus Vollkorn und ande­rer­seits ein gestei­gerter Verzehr von Früchten und Gemüse bringen. Opti­mierte Ernäh­rungs­ge­wohn­heiten sollten gegenüber der Bal­last­stoff­sup­ple­men­tation und auch der Anrei­cherung von Lebens­mitteln mit Bal­last­stoffen der Vorrang gegeben werden.

Kor­re­spondenz:

Mag. Timo Kuen

Ernäh­rungs­wis­sen­schafter

VEÖ Arbeits­kreis Recht

timo.kuen@univie.ac.at

Ass.-Prof. Dr. Petra Rust, Department für Ernäh­rungs­wis­sen­schaften der Uni­ver­sität Wien

Lite­ratur

[1]      D. Mudgil und S. Barak, “Com­po­sition, pro­perties and health benefits of indi­ges­tible car­bo­hy­drate polymers as dietary fiber: A review.,” Inter­na­tional journal of bio­lo­gical macro­mole­cules, vol. 61C, pp. 1–6, Jul. 2013.

[2]      J. Slavin, “Fiber and pre­biotics: mecha­nisms and health benefits.,” Nut­rients, vol. 5, no. 4, pp. 1417–35, Apr. 2013.

[3]      D‑A-​CH, D‑A-​CH Refe­renz­werte für die Näh­stoff­zufuhr, 1. Auflage, 4., kor­ri­gierter Nach­druck. Bonn: DGE, 2012, p. 251.

[4]      C. W. C. Kendall, A. Esfahani, und D. J. a. Jenkins, “The link between dietary fibre and human health,” Food Hydro­col­loids, vol. 24, no. 1, pp. 42–48, Jan. 2010.

[5]      J. W. Anderson, P. Baird, R. H. Davis, S. Ferreri, M. Knudtson, A. Koraym, V. Waters, und C. L. Wil­liams, “Health benefits of dietary fiber.,” Nut­rition reviews, vol. 67, no. 4, pp. 188–205, Apr. 2009.

[6]      B. Hopping, E. Erber, A. Gran­di­netti, S. Park, L. Kolonel, und G. Mas­ka­rinec, “Dietary fiber, magnesium, and gly­cemic load alter risk of type 2 dia­betes in a mul­ti­ethnic cohort in Hawaii,” The Journal of nut­rition, vol. 140, no. 12, pp. 68–74, 2010.

[7]      M. Biör­klund, A. van Rees, R. P. Mensink, und G. Onning, “Changes in serum lipids and post­prandial glucose and insulin con­cen­tra­tions after con­sumption of beverages with beta-​glucans from oats or barley: a ran­do­mised dose-​controlled trial.,” European journal of cli­nical nut­rition, vol. 59, no. 11, pp. 1272–81, Nov. 2005.

[8]      J.-A. Nazare, V. Sau­vinet, S. Normand, L. Guérin-​Deremaux, L. Gabert, M. Désage, D. Wils, und M. Laville, “Impact of a Resistant Dextrin with a Pro­longed Oxi­dation Pattern on Day-​Long Ghrelin Profile,” Journal of the Ame­rican College of Nut­rition, vol. 30, no. 1, pp. 63–72, Feb. 2011.

[9]      J. Mathern und S. Raatz, “Effect of fenu­greek fiber on satiety, blood glucose and insulin response and energy intake in obese sub­jects,” Phy­to­therapy Research, vol. 1548, no. April, pp. 1543–1548, 2009.

[10]   O. B. Chaudhri, B. C. T. Field, und S. R. Bloom, “Gas­tro­in­testinal satiety signals.,” Inter­na­tional journal of obesity (2005), vol. 32 Suppl 7, pp. S28–31, Dez. 2008.

[11]   J. L. Slavin, “Position of the Ame­rican Die­tetic Asso­ciation: health impli­ca­tions of dietary fiber.,” Journal of the Ame­rican Die­tetic Asso­ciation, vol. 108, no. 10, pp. 1716–31, Okt. 2008.

[12]   N. Murphy, T. Norat, P. Ferrari, M. Jenab, B. Bueno-​de-​Mesquita, G. Skeie, C. C. Dahm, K. Overvad, A. Olsen, A. Tjøn­neland, F. Clavel-​Chapelon, M. C. Boutron-​Ruault, A. Racine, R. Kaaks, B. Teucher, H. Boeing, M. M. Bergmann, A. Tricho­poulou, D. Tricho­poulos, P. Lagiou, D. Palli, V. Pala, S. Panico, R. Tumino, P. Vineis, P. Siersema, F. van Dui­jn­hoven, P. H. M. Peeters, A. Hjar­taker, D. Engeset, C. a Gon­zález, M.-J. Sánchez, M. Dor­ronsoro, C. Navarro, E. Ardanaz, J. R. Quirós, E. Sone­stedt, U. Ericson, L. Nilsson, R. Palm­qvist, K.-T. Khaw, N. Wareham, T. J. Key, F. L. Crowe, V. Fedirko, P. a Wark, S.-C. Chuang, und E. Riboli, “Dietary fibre intake and risks of cancers of the colon and rectum in the European pro­s­pective inves­ti­gation into cancer and nut­rition (EPIC).,” PloS one, vol. 7, no. 6, p. e39361, Jan. 2012.

[13]   D. Aune, D. Chan, und R. Lau, “Dietary fibre, whole grains, and risk of colo­rectal cancer: sys­te­matic review and dose-​response meta-​analysis of pro­s­pective studies,” BMJ: British Medical Journal, vol. 6617, no. November, pp. 1–20, 2011.

[14]   K. M. Zelman, “The Benefits of Fiber: For Your Heart, Weight, and Energy; Can Fiber Help Protect Against Cancer?” [Online]. http://www.webmd.com/diet/fiber-health-benefits-11/fiber-cancer?page=2. [Zugriff: 05-Nov-2013].

[15]   M. M. Kacz­marczyk, M. J. Miller, und G. G. Freund, “The health benefits of dietary fiber: beyond the usual suspects of type 2 dia­betes mel­litus, car­dio­vas­cular disease and colon cancer.,” Meta­bolism: cli­nical and expe­ri­mental, vol. 61, no. 8, pp. 1058–66, Aug. 2012.

[16]   I. Elmadfa und C. Leit­zmann, Ernährung des Men­schen. UTB, Stuttgart, 2004.

[17]   I. Elmadfa, H. Freisling, D. Hof­städter, V. Hase­n­egger, M. Ferge, M. Fröhler, K. Fritz, A. L. Mayer, P. Putz, P. Rust, R. Grossgut, D. Mischek, I. Kiefer, M. Schätzer, J. Span­b­löchel, B. Sturtzel, K. H. Wagner, A. Zil­berszac, F. Vojir, und K. Plsek, “Öster­rei­chi­scher Ernäh­rungs­be­richt 2008,” 2009.

[18]   I. Elmadfa, V. Hase­n­egger, K. Wagner, P. Putz, N. M. Weidl, D. Wotawa, T. Kuen, G. Sei­ringer, A. L. Mayer, B. Sturtzel, I. Kiefer, A. Zil­berszac, V. Sga­ra­bottolo, B. Meid­linger, und A. Rieder, “Öster­rei­chi­scher Ernäh­rungs­be­richt 2012, 1. Auflage,” Wien, 2012.

[19]   DGE, “Mehr Ball­sast­stoffe bitte!,” Pres­se­infor­mation der Deut­schen Gesell­schaft für Ernährung e.V., 53175 Bonn, Jun-2012.

[20]   DGE, “Posi­ti­ons­papier der DGE, Umsetzung der Leit­linie zur Koh­len­hy­drat­zufuhr,” 2011. [Online]. http://www.dge.de/pdf/ws/ll-kh/11-Umsetzung-DGE-Leitlinie-KH.pdf. [Zugriff: 16-Okt-2013].

[21]   DGE, “Bal­last­stoffe neu betrachtet,” 2013. [Online]. http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&sid=1312. [Zugriff: 16-Okt-2013].

[22]    DGE, „Evi­denz­ba­sierte Leit­linie: Koh­len­hy­drat­zufuhr und Prä­vention            aus­ge­wählter ernäh­rungs­mit­be­dingter Krank­heiten“, 2011. (Online)            http://www.dge.de/modules.php?name=St&file=w_leitlinienhttp://www.dge.de/modules.php?name=St&file=w_leitlinien, (Zugriff:                 24-Nov-2013)