Optimale Flüssigkeitszufuhr im Fußball

Juni 2013

Vor allem Jugend­liche brauchen Unter­stützung für indi­vi­duelle Lösungen 

FH GESUNDHEIT INNSBRUCK, Bache­lor­ar­beiten Diä­to­logie, 2012
Bettina Dreschl1, Helga Klein2, Purtscher Anna-​Elisabeth1

Wasser ist der erst­li­mi­tie­rende Nähr­stoff in der Ernährung und wich­tigster leis­tungs­be­gren­zender Faktor bei phy­si­scher Akti­vität [1]. Schon ein Verlust von 2% des Kör­per­ge­wichts trägt zu einer Ver­min­derung der Aus­dau­er­leis­tungs­fä­higkeit bei. Ein Verlust von 4 bis 6% führt zu starkem Durst­gefühl, Schwäche und emo­tio­naler Reiz­barkeit. Bei einer Dehy­dration von 6% kommt es zu psy­chi­schen Stö­rungen und man­gel­hafter moto­ri­scher Koor­di­nation, die vor allem für die kogni­tiven Fähig­keiten im Fußball von Bedeutung sind. Mit dem Schweiß­verlust gehen auch eine Hypo­vo­lämie und der Anstieg des Häma­to­krits einher, was zu einem ver­schlech­terten Nährstoff- und Sau­er­stoff­transport führt (z.B. ver­schlech­terter Lak­tat­ab­transport). [2] Die Not­wen­digkeit einer adäquaten Flüs­sig­keits­zufuhr im Sport wurde erst im 21. Jahr­hundert erkannt. Die Trink­emp­feh­lungen für Leis­tungs­sportler sind kei­nes­falls spek­ta­kulär, jedoch geht es darum, dieses geprüfte Ernäh­rungs­wissen umzu­setzen und spe­zi­fi­schen Anfor­de­rungen anzu­passen. Ziel dieser Studie war zu über­prüfen, ob die Emp­feh­lungen zur Flüs­sig­keits­zufuhr aus der Fach­li­te­ratur von aka­de­mi­schen Fuß­ball­spielern im Alter von 15 bis 18 Jahren im Trai­nings­alltag umge­setzt werden können. 

Laut Burg­stein weisen Sportler in Ein­zel­sport­arten wesentlich mehr Wissen und Sen­si­bi­lität bezüglich der benö­tigten Ernährung auf als im Mann­schafts­sport [3]. Die all­ge­meinen Emp­feh­lungen für die Flüs­sig­keits­zufuhr gelten laut DGE bei bedarfs­ge­rechter Ener­gie­zufuhr und durch­schnitt­lichen Lebens­be­din­gungen. Der Richtwert für Erwachsene liegt bei 1ml Wasser pro kcal. Bei Jugend­lichen zwi­schen 15 und 18 Jahren liegt dieser bei 40 ml pro kg Kör­per­ge­wicht pro Tag [5] und stellt die Grundlage zur Berechnung der Flüs­sig­keits­zufuhr (ohne Sport) bei dieser empi­ri­schen Studie dar. Laut den all­ge­meinen Richt­linien für den Mehr­bedarf durch Sport gibt das Swiss Forum for Sport Nut­rition (SFSN) einen Wert von 400 bis 800ml Flüs­sigkeit pro Trai­nings­stunde an, welcher auch für die Schweizer Lebens­mit­tel­py­ramide für Sportler und Sport­le­rinnen über­nommen wurde. [6]. Es hätte wenig Sinn mehr zu trinken, da die maximale Flüs­sig­keits­re­sorp­ti­onsrate bei 800ml pro Stunde liegt [7]. Um den genauen Mehr­bedarf zu eru­ieren, müsste der Schweiß­verlust der ein­zelnen Sportler durch Abwiegen vor und nach der kör­per­lichen Betä­tigung mit der­selben geeichten Kör­per­waage erhoben werden. Der Flüs­sig­keits­verlust könnte mit der Zufuhr der 1,5‑fachen Flüs­sig­keits­menge aus­ge­glichen werden [8]. Dies war im Rahmen der Studie jedoch nicht möglich. 

Forschungsdesign & Soll-Ist-Vergleich

Die Pro­banden sind aktive Nach­wuchs­sportler im Fußball, die eine der zwölf Sport­aka­demien in Öster­reich besuchen. Ein Ein­schluss­kri­terium war die Anwe­senheit beim Ernäh­rungs­vortrag „Optimale Flüs­sig­keits­zufuhr im Fußball“. Die Daten­er­hebung erfolgte mittels 3‑Tages-​Trinkprotokoll. Weiters erhielten die Pro­banden ein zwei­sei­tiges DINA4-​Handout zu den wich­tigsten Punkten des Vor­trages als Gedan­ken­stütze. Effektiv wurden 40 Trink­pro­to­kolle zu je zwei Tagen ausgewertet. 

Für den Soll-​Ist-​Vergleich wurden Flüs­sig­keits­emp­feh­lungen des Swiss Forum for Sport Nut­rition (SFSN)und der Deut­schen Gesell­schaft für Ernährung (DGE) her­an­ge­zogen und mit der tat­sächlich zuge­führten Flüs­sig­keits­menge ver­glichen. Die variablen Berech­nungs­formeln werden in Tabelle 1 auf­ge­zeigt. Auf­grund der ver­schie­denen Trai­nings­zeiten der Spieler wurden die Flüs­sig­keits­an­gaben auf 60 Minuten her­un­ter­ge­rechnet, um einen Ver­gleich zwi­schen den Alters­klassen zu ermög­lichen. Die indi­vi­duelle Berechnung erfolgte gemäß der Formel: 

Die erhal­tenen Daten wurden in Microsoft Excel® 2007 gesammelt, ana­ly­se­re­le­vante Werte mit den ange­führten Formeln berechnet und mit der Statistik-​Software IBM© SPSS © Sta­tistics 19.0 ausgewertet. 

Ergebnisse

Der Soll-​Ist-​Vergleich der durch­schnitt­lichen Gesamt­trink­menge zeigte, dass die Mehrheit der Pro­banden aus­rei­chend, ten­den­ziell sogar mehr als aus­rei­chend, mit Flüs­sigkeit ver­sorgt ist (siehe Abb. 1). Ange­sichts dessen ist es über­ra­schend, dass die durch­schnitt­liche Zufuhrs­emp­fehlung von 400 bis 800ml pro Stunde während des Trai­nings an Tag eins und zwei nur von 40,5 % (n=32 von 79) aller Pro­banden erreicht bzw. über­schritten wurde (siehe Abb. 2). Der Unter­schied zwi­schen dem höchsten Messwert von 1.000 ml und dem nied­rigsten Wert von 0 ml am zweiten Trai­ningstag ist beachtlich. Am ersten Tag des Trai­nings liegt der Median aller Alters­klassen bei 375ml und am zweiten Tag bei 323,3ml. Somit liegen mehr als 50% der Pro­banden an beiden Tagen nicht in der Empfehlung. 

Diskussion & Schlussfolgerung

Eine mög­liche Erklärung für die zur Soll-​Zufuhr der ein­zelnen Spieler bezie­hungs­weise Alters­klassen abwei­chenden Resultate kann im Under- bzw. Over­re­porting liegen. Des Wei­teren spielt die Fest­legung der Trink­pausen im Training eine ent­schei­dende Rolle. Im Wett­kampf stellt auf­grund des Regle­ments die Halb­zeit­pause von 15 Minuten meist die einzige Mög­lichkeit zur Energie- und Flüs­sig­keits­ver­sorgung dar [4]. Weitere Fak­toren, welche die Flüs­sig­keits­auf­nahme während des Trai­nings beein­flussen sind Geschmack, Tem­pe­ratur, Natri­um­gehalt und die Ver­füg­barkeit der Sport­ge­tränke. Ebenso kann die Angst vor Harn­drang während der Belastung einen Grund für eine geringe Zufuhr dar­stellen [9]. Separate Ana­lysen der ein­zelnen Alters­klassen lassen ver­muten, dass jüngere Spieler mehr Unter­stützung bei der indi­vi­du­ellen Umsetzung der Trink­emp­feh­lungen brauchen als ältere. Das Jugend­alter stellt ein wich­tiges Zeit­fenster für Prä­ven­tiv­maß­nahmen dar [10]. Einer­seits sollte die theo­re­tische Wis­sens­ver­mittlung in der Aka­demie durch moderne Hilfs­mittel abwechs­lungs­reich gestaltet werden, ande­rer­seits soll die Selbst­ma­nage­ment­fä­higkeit der Fuß­ball­spieler durch pra­xis­be­zogene Schu­lungen ver­bessert werden. 

  

Zusammenfassung

In dieser Arbeit wurde über­prüft, ob die Emp­feh­lungen zur Flüs­sig­keits­zufuhr aus der Fach­li­te­ratur von aka­de­mi­schen Fuß­ball­spielern im Alter von 15 bis 18 Jahren in die Praxis umge­setzt werden können. Nach dem Vortrag „Optimale Flüs­sig­keits­zufuhr im Fußball“ erfolgte die Daten­er­hebung mittels 3‑Tage-​Trinkprotokoll. Für den Soll-​Ist-​Vergleich wurden die Flüs­sig­keits­emp­feh­lungen des Swiss Forum for Sport Nut­rition und der Deut­schen Gesell­schaft für Ernährung her­an­ge­zogen. Es hat sich gezeigt, dass die Mehrheit der Pro­banden aus­rei­chend, ten­den­ziell sogar mehr als aus­rei­chend, mit Flüs­sigkeit ver­sorgt ist. Dabei ist über­ra­schend, dass die durch­schnitt­liche Zufuhr­emp­fehlung von 400 bis 800ml pro Stunde während des Trai­nings an Tag eins und zwei nur von 40,5 % (n=32 von 79) aller Pro­banden erreicht bzw. über­schritten wurde, wobei starke Unter­schiede bei den Alters­klassen auf­fallen. Bei Ver­bes­se­rungs­maß­nahmen zur Flüs­sig­keits­zufuhr im Fußball sollen nicht allein die all­ge­meinen Emp­feh­lungs­richt­linien, sondern auch die indi­vi­du­ellen Bedürf­nissen der Jugend­lichen berück­sichtigt werden. 

 

 

1 fhg – Zentrum für Gesund­heits­berufe Tirol GmbH; Innrain 98, 6020 Inns­bruck
2 IMSB – Institut für medi­zi­nische und sport­wis­sen­schaft­liche Beratung Austria; Johann-​Steinböck-​Str. 5, 2344 Maria Enzersdorf 

Kor­re­spondenz:
Bettina Dreschl BSc., Diä­to­login, E‑Mail: b.dreschl@gmx.at

 

Lite­ratur:

[1] Mannhart, C./Colombani, P. (2001): Grund­lagen der Sport­er­nährung – die ele­mentare Bedeutung der Energie‑, Makronährstoff- und Flüs­sig­keits­zufuhr. In: Schweizer Zeit­schrift für Sport­me­dizin und Sport­trau­ma­to­logie 49 (3), S. 127. 

[2] Konopka, P. (2006): Sport­er­nährung. Leis­tungs­för­derung durch voll­wertige und bedarfs­an­ge­passte Ernährung. 10. Aufl. München: BLV Buch­verlag GmbH & Co. KG, S. 101ff. 

[3] Burg­stein, L. (2007): Burg­steins Handbuch Nähr­stoffe. Vor­beugen und heilen durch aus­ge­wogene Ernährung: Alles über Spu­ren­ele­mente, Vit­amine und Mine­ral­stoffe. 11. überarb. u. akt. Aufl. Stuttgart: Haug Verlag, S. 569. 

[4] Jeu­kendrup, A. E./Gleeson, M. (2010): Sport Nut­rition. An Intro­duction to Energy Pro­duction and Per­for­mance. 2nd ed. United States of America: Human Kinetics, p. 189. 

[5] DGE Deutsche Gesell­schaft für Ernährung (2004): D‑A-​C‑H Refe­renz­werte – Richt­werte für die Zufuhr von Wasser. Inter­net­adresse: www.dge.de/modules.php, Stand vom 15.07.2012.

6]Colombani, P. (2010): All­gemein Trink-​Empfehlung. Inter­net­adresse: http://www.sfsn.ethz.ch/sportnutr/tipps/Drinking/Allgemein, Stand vom 15.07.2012.

[7] Burtscher, M. (2010): Sport­er­nährung. In: Ledochowski, M (Hrsg.): Kli­nische Ernäh­rungs­me­dizin. Wien: Springer Verlag, S. 918. 

[8] IMSB Institut für medi­zi­nische und sport­wis­sen­schaft­liche Beratung (Hrsg.) (2008): Optimale Ernährung im Sport, S. 64ff. 

[9] Austin, K./Seebohar, B. (2011): Per­for­mance Nut­rition. App­lying the Science of Nut­rient Timing. United States of America: Human Kinetics, p. 22. 

[10] Pin­quart, M./Silberreisen, R. K. (2004): Prä­vention und Gesund­heits­för­drung im Jugend­alter. In: Hur­relmann, K./Klotz, T./Haisch, J. (Hrsg.): Lehrbuch Prä­vention und Gesund­heits­för­derung. Bern u.a.: Verlag Hans Huber, S. 63.